Tutu: "Schlimmer als Apartheid"
Dalai Lama sagt Südafrika-Besuch ab
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Südafrikas junge Demokratie ist geschockt, schon wieder. Zum 80. Geburtstag
seines Freundes und Anti-Apartheid-Kämpfers Desmond Tutu wollte der Dalai
Lama am Donnerstag eigentlich nach Südafrika reisen. Doch die Behörden
bremsten ihn beim Visum aus.
Konsequenz der Visum-Verweigerung: Das geistliche Oberhaupt Tibets sagte
seine Reise ab. Erzbischof Tutu wies die Geste seiner Regierung als
unverschämt zurück und machte ökonomische Interessen unter dem Druck Chinas
dafür verantwortlich.
"Unannehmlichkeiten ersparen"
Der Dalai Lama begründetet seine Entscheidung damit, der südafrikanischen
Regierung weitere "Unannehmlichkeiten" zu ersparen. Tutu war fassungslos:
"Ich kann nicht glauben, dass so etwas in Südafrika passiert. Unsere
Regierung ist schlimmer als das Apartheidregime." Er erinnerte an die Zeit
der Rassentrennung in Südafrika, in der man als Schwarzer bis zur letzten
Minute nicht wissen konnte, ob man ein Visum bekommt oder nicht.
"Ich warne euch, passt auf!"
Sichtlich verärgert und scharf wandte sich Tutu am Abend mit einem Appell
an die ANC-Regierung: "Ich warne euch, passt auf!" Statt zu
repräsentieren, verfolge die Regierung eigene Interessen, so Tutu. Er
mahnte an, das Ideal der einstigen Freiheitbewegung nicht zu vergessen.
Denn der Druck der Wirtschaftsmacht China scheint durch die Hinhaltetaktik
der südafrikanischen Behörden offensichtlich. Bereits 2009 verweigerte die
Regierung in Pretoria dem Dalai Lama die Einreise. Peking wirft dem Dalai
Lama vor, die Loslösung Tibets von China zu betreiben. "Die Regierung hat
Angst, China zu verärgern", sagt der Wirtschaftsexperte Mike Schüssler aus
Johannesburg. Schließlich sei China der wichtigste Handelspartner
Südafrikas. Nicht zuletzt sei der Umschwung in der auswärtigen Politik auf
die Eingliederung Südafrikas in die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland,
Indien, China und Südafrika) zurückzuführen, einem Zusammenschluss von
führenden Schwellenländern. Statt zu handeln, habe die Regierung das
Problem aufgeschoben.
"Moral nicht gegen Dollar eintauschen"
Für Gewerkschafter Tony Ehrenreich ist das unbegreiflich: "Auch wenn China
unser größter Handelspartner ist, sollten wir unsere Moral nicht gegen
Dollar oder Yuan eintauschen." Auch Tutu mahnte, die wichtige Rolle
religiöser Führer im Kampf gegen Unterdrückung nicht zu vergessen.
Doch die Regierung blieb stumm. Clayson Monyela vom Ministerium für
Internationale Beziehungen schiebt die Schuld von sich. Die Gründe seien
einfach: eine generell lange Bearbeitungszeit für Visaanträge und
unvollständige Dokumente. "Wir haben den Antrag bis heute nicht
abgewiesen. Somit ist es seine Entscheidung, nicht unsere", erklärte er in
einem Telefoninterview mit dem ZDF.
"Beleidigung für den Dalai Lama"
Von Seiten des "Desmond Tutu Peace Centre" hieß es jedoch, dass es seit
Juni ständigen Kontakt mit dem Ministerium gegeben habe. Was nun passiert
ist, entbehre jeglicher Worte: "Ich kann nicht beschreiben, wie ich mich
fühle. Das beleidigt sowohl den Dalai Lama als auch Tutu", sagt die
Sprecherin des "Desmond Tutu Peace Centre", Nomfundo Wazala.
Die auswärtige Politik Südafrikas ist angeschlagen und der Aufschrei im
eigenen Land riesengroß. Statt einem persönlichen Besuch des
Friedensnobelpreisträgers als Geburtstagsgeschenk bleibt Tutu nur noch eine
Videokonferenz mit dem Dalai Lama. Auf die Frage, ob er ihn nochmal
einladen will, brach der Erzbischof in schallendes Gelächter aus.
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