"Wir wollen verbindliche Lohnuntergrenze"
Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn. Das sagt Karl-Josef Laumann im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands bemängelt, dass immer mehr Gehälter nicht tariflich gebunden sind. Außerdem gebe es Löhne, unter denen "Arbeit nicht möglich ist, weil man nicht davon leben kann". Auf dem nächsten Parteitag der CDU soll darüber entschieden werden.
Die CDA ist der "Sozialflügel" der CDU. Herr Laumann, warum fordern Sie jetzt einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland?
Laumann: Die CDU war bisher der Meinung, dass wir Lohndumping dadurch bekämpfen, indem wir Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären. Jetzt aber stellen wir fest, dass die Tarifbindung stark nachlässt, vor allem im Dienstleistungsbereich. Auf dem Parteitag wollen wir darüber reden, was dort geschehen soll, wo es gar keine Tarifverträge gibt. Und das betrifft große Branchen. Etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe, auch in großen Teilen des Einzelhandels fehlen solche Tarife. Darum wollen wir eine einheitliche und verbindliche Lohnuntergrenze.
Wie wollen Sie diesen Mindestlohn festlegen?
Laumann: Festlegen soll das nicht die Politik, sondern eine Kommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern.
Das ist innerhalb der CDU aber doch umstritten. Kritik kommt ja nicht nur von der Mittelstandsvereinigung.
Laumann: Ich glaube, es ist in unserer Partei bereits entscheiden, dass man das so machen will. Gestritten wird nicht über das Ob, sondern über das Wie. Konkret geht es um die Frage, ob diese Lohnuntergrenze weitgehend einheitlich sein soll für ganz Deutschland. Das halte ich für richtig.
Die Kanzlerin Angela Merkel favorisiert aber ein anderes Modell?
Laumann: Man darf in einer Partei auch unterschiedlicher Meinung sein. Die Kanzlerin wünscht sich eher eine Differenzierung nach Regionen und Branchen. Ich befürchte allerdings, dass man dann sehr viele verschiedene Lohnuntergrenzen hat und die dann wenig bindende Wirkung haben.
Tatsache ist doch aber, dass das Leben in Stuttgart und München viel teurer ist als etwa in Mecklenburg-Vorpommern?
Laumann: Soziale Marktwirtschaft heißt doch, dass Gewerkschafter und Unternehmer auf Augenhöhe darüber miteinander reden, was gezahlt werden kann. Außerdem sollen die Menschen wissen, dass es einen bestimmten Lohn gibt, unter dem in einem so reichen Land wie Deutschland Arbeit nicht möglich ist, weil man nicht davon leben kann.
Sie wollen sich an den Löhnen der Zeitarbeit orientieren, also acht Euro im Westen und sieben Euro im Osten?
Laumann: So steht es im Antrag der CDA, so lautet der Antrag der NRW-CDU und so lautet auch die Beschlussempfehlung der Antragskommission. Dafür werben wir auf dem Parteitag.
Wird es diesen gesetzlichen Mindestlohn noch in dieser Legislaturperiode geben?
Laumann: Mir geht es im Kern darum, dass wir die Programmatik der CDU weiterentwickeln.
Mit Karl-Josef Lauman sprach Klaus Sterzenbach.
From: <kiehl@rki-i.com> To: <kiehl@rki-i.com> Sent: Thursday, November 10, 2011 10:37 PM
Subject: .......Mindestlohn............zdf.Mail
"Wackeldackel" und "Schweizer Käse" beim Mindestlohn
Aktuelle Stunde im Bundestag - Klare Fronten
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,8366890,00.html
Noch ist offen, ob sich die CDU auf ihrem Parteitag zu einer
Lohnuntergrenze durchringen kann. Koalitionspartner FDP ist strikt dagegen.
Die Opposition spricht von einem Rohrkrepierer. Bei der Debatte im
Bundestag waren die Rollen klar verteilt.
Die Opposition wirtft der CDU vor, kurz vor ihrem Leipziger Parteitag beim
Mindestlohn einzuknicken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei als
"Wackeldackel dieser Bundesregierung mal wieder umgefallen", sagte
SPD-Generalseketärin Andrea Nahles am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde
des Bundestages.
Mindestlohn als Schweizer Käse
Merkel mache die Lohnuntergrenze durch regionale und branchenbezogene
Abweichungen "zum Schweizer Käse", rief Nahles. Ein gesetzlicher
Mindestlohn von 8,50 Euro sei unverzichtbar. Es sei nicht möglich, eine
Lohnuntergrenze einzuführen, und diese zugleich regional- und
branchenspezifisch zu gestalten.
Linken-Chef Klaus Ernst monierte, es sei derzeit nicht zu erkennen, wohin
die Reise bei der CDU gehe. Die Partei werfe bei dem Thema nur
"Nebelkerzen": "Sie tun so, als wollten sie den gesetzlichen Mindestlohn",
sagte Ernst. "Dabei wollen sie ihn eigentlich gar nicht." Die
Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer warf Merkel vor, beim
Mindestlohn "zurückzurudern". Würde die CDU ihre Vorstellungen durchsetzen,
würde sich etwa an den niedrigen Tariflöhnen für Friseure in Ostdeutschland
nichts ändern, sagte sie.
Debatte mit offenem Ausgang
Für die FDP verwies Fraktionsvize Heinrich Kolb auf den Koalitionsvertrag
mit der Absage an einen gesetzlichen Mindestlohn. Viele Branchen hätten
bereits eigene Mindestlöhne, sagte er in der Debatte. "Die Politik soll
sich aus der Lohnfindung heraushalten."
Redner der Union betonten, über den Antrag auf Einführung einer
Lohnuntergrenze werde auf dem Leipziger Parteitag "demokratisch" mit
offenem Ausgang entschieden. Der CDU-Abgeordnete Peter Weiß sagte, unter
CDU-Kanzlerschaft seien in zehn Branchen allgemeinverbindliche Mindestlöhne
eingeführt worden.
CDA für Mindestlohn
Auch in der Union ist das Thema umstritten. Der Chef des
CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Karl-Josef Laumann, hatte Kanzlerin Merkel via
Zeitungsinterview am Morgen vorgeworfen, keine Lohnuntergrenze zu wollen.
Er kündigte an, die CDA und die CDU in Nordrhein-Westfalen würden auf dem
Parteitag in Leipzig für einen Mindestlohn kämpfen. "Wir wollen eine
allgemeine und verbindliche Lohnuntergrenze, die von einer paritätisch aus
Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzten Kommission festgelegt wird, und
die soll sich am Tarifvertrag der Zeitarbeit orientieren."
Die CDU will auf ihrem Bundesparteitag über den Vorstoß abstimmen, eine
Lohnuntergrenze für alle Branchen einzuführen, die bislang keine
Tarifverträge haben. Bestimmen soll diese Untergrenze jeweils eine
Kommission der Tarifpartner. Die Höhe soll sich am Tarifniveau der
Zeitarbeit orientieren. Der Mindestlohn dieser Branche liegt bei 6,89 Euro
pro Stunde im Osten und bei 7,79 Euro im Westen. Die CDU bleibt damit
deutlich unter dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, den der Deutsche
Gewerkschaftsbund verlangt. Offenbar erhalten immer mehr Deutsche trotz
Vollzeitjobs nur Niedriglöhne.
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