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Politische Leserbriefe, Landshuter/Straubinger Zeitung vom 9.August 2003

Ein Selbstbedienungsladen für Funktionäre?

Von Bismarck als Basis für Volksfürsorge initiiert, überlebte die gesetzliche Krankenversicherung zwei Weltkriege und zwei Inflationen. Aufgebläht von Wahlversprechen unserer Politiker droht es, von diesen an die Wand gefahren zu werden. Großzügig im Verteilen von fremden Geldern haben die Politiker aller Parteien es verstanden, in Zusammenwirken mit Funktionären der Sozial- und Krankenkassen uns Zahler aus den Entscheidungen herauszuhalten. Unsere monatlichen Milliarden-Beiträge in diesem System verpuffen, dass man doch eigentlich nicht mehr von "Ausgaben" sprechen kann. Der Begriff von "Verblödeln" wäre angebrachter.

Schlaglichtartig hier einige Beispiele: Renten- und Krankenkassen bezahlen Kuren, Vorsorge- und ähnliche Aktionen und verkaufen uns dies als Wohltat. Tatsächlich sind mit diesen Geldern Milliardenuntemehmen geschaffen worden. (Wer erinnert sich noch an die Erbstreitigkeiten unseres so genannten Bäderkönigs?) Folglich sind dann für den eigentlichen Zweck keine Gelder mehr verfügbar. Der von einigen Kassen geführte Slogan "Wir sind die Gesundheitskasse" ist bezeichnender geworden, als diese geahnt haben. Und es grenzt ja schon an Irrsinn, wie die Bezahlung unserer Arzt- und Krankenhausbesuche abläuft. Zwischen die Dreier-Beziehung von Zahler, Kasse und Dienstleister haben sich Formationen eingeschaltet, die nur noch zur Versorgung von Funktionären und Wahrung von artfremden Interessen dienen. Diese wohldotierten Abrechnungskarusselle und Kommissionen kosten nicht nur große Teile unserer Beiträge. Sie verhindern erfolgreich sowohl die Transparenz der Ausgaben als auch eine sinnvolle Reformation des Systems. Unsere Politiker stochern in dieser trüben Suppe und diskutieren über Verbesserungen wie Blinde über Farbe.

Folge:direkte und indirekte (Zuzahlungen) Einnahmenerhöhungen statt Reduzierungen auf den ursprünglichen Zweck. Und Industriekapitäne mustern unter finanzieller Mithilfe öffentlicher Kassen rigoros die über 50-jährigen als "Altlasten" aus. Stellen sich aber gleichzeitig im Verband mit den von Ihnen gesponserten Politikern hin und fordern einen späteren Renteneinstieg.

Ebenso eigenwillig sehen die Abläufe im Bereich der Arbeitslosenversicherung aus. Als Antragsteller ist man gefordert, bisherig erworbene Anspruchsvoraussetzungen nachzuweisen, da die Arbeitsämter scheinbar keinerlei Konten der Versicherten führen. Fortbildungs-, Umschulungs- und Vermittlungsagenturen werden erst angeregt und dann mit vollen Händen mit unseren Beiträgen finanziell gut ausgepolstert. Gefragt wird der Zahler auch hier nicht. Und unsere Politiker verstehen es, uns auch dies als Wohltat anzudrehen.

Ebenso trübe sieht es bei der Pflegeversicherung aus. Sarkastisch gesprochen, entlastet der Beitragszahler die Kinder von der Verpflichtung, sich persönlich um die Elterngeneration zu kümmern. Dass dies mit den mickrigen Beitragshöhen nicht funktionieren kann, muss jedem klar sein, der das kleine Einmaleins beherrscht. Fischer bezeichnen dies als "Anfüttern" der späteren Beute.

Die Zunahme der Alten als Hauptursache der Finanznot unserer Sozialkassen hinzustellen, dient nur der Verschleierung und führt zu Aufhetzung und unsachlichen Diskussionen zwischen den Generationsschichten. Dass unseren Kassen artfremde Leistungen und auch bei der Wiedervereinigung Lasten aufgebürdet wurden, die schon an Plünderungen grenzen, wird nicht mehr erwähnt. Verdanken müssen wir alles unseren Volksvertretern und Politfunktionären, die anscheinend nur mit eigenem Geld vorzüglich umgehen können, mit fremdem jedoch sehr großzügig verfahren.

Und wenn wir die bisher durchgefütterten Parasiten abschütteln wollen, kommt massive Gegenwehr, weil dann zu viele Pfründe und Versorgungssessel wegfallen. Wenn Abrechnungsinstitute, Fortbildungsunternehmen und Bäderlandschaften nicht mehr den Sozialtopf abzocken können, gehen sie in Konkurs. Für ein defizitäres Krankenhaus kommt im Zweifelsfall die Kommune auf. Risikoloser ist es daher für unsere Politiker, wenn man Zahler, Ärzteschaft und Krankenhäuser bis zur Schmerzgrenze beschneidet.

Als verständliches Beispiel für die Schieflage unseres Sozialsystems: Sie haben für ihr Fahrzeug eine Haftpflichtversicherung. Und die bezahlt ihnen Kundendienste, TÜV-Untersuchungen und Sonstiges mit der Begründung, dass dies ja hilft, unfallträchtige Fahrzeuge zu vermeiden. Haben sie jedoch einen Haftpflichtfall, zahlen sie gefälligst selber.

Es ist kein Wunder, dass die junge Generation sich immer lauter fragt, warum sie überhaupt noch Beiträge in ein System einzahlen soll, das keine adäquate Gegenleistung bietet.

Alle bisher von der Regierungspartei vorgelegten Verbesserungen führen zur direkten oder indirekten Beitragserhöhung und Aufblähung der Verwaltung auf allen Ebenen. Die Oppositionsparteien stellen zwar fest, dass die Konzepte ungenügend sind, offerieren aber keine eigenen Vorschläge.

Für mich und meine Kinder fordere ich eine vernünftige Rückführung der Ausgaben ausschließlich auf die eigentlichen Versicherungszwecke. Dies ist sicher nicht der einzige aber der wichtigste Schritt zur Sanierung der Sozialkassen.