Medizin: Grünes Laserlicht wird vom Hämoglobin besonders gut absorbiert – vergleichende Studien sind noch abzuwarten

Wucherung in der Prostata verdampft unblutig
VDI nachrichten, München, 29. 4.05 -

Mit Messer, Schlingen und Wärme rücken Urologen der therapiebedürftigen gutartigen Prostata-Hyperplasie (Vergrößerung) zu Leibe, unter der in Deutschland Millionen Männer leiden. Eine Operationstechnik, die Greenlight-Laser-Vaporisation, ermöglicht nun das unblutige Verdampfen des wuchernden Gewebes.

Tabuisiert, verharmlost und immer wieder verdrängt, ist es das Männerleiden schlechthin: die gutartige Prostata-Vergrößerung. Das kastanienförmige und -große Organ, dessen Drüsen entwicklungsgeschichtlich ursprünglich weiblich angelegt waren, hat es in sich. Die Vorsteherdrüse liegt unmittelbar unter der Harnblase und dem Beckenboden und umschließt den Anfangsteil der männlichen Harnröhre, in die die Samenleiter münden. Aufgebaut aus 30-50 Drüsen, produziert sie ein alkalisches Sekret, das Zink und Zitrat enthält, reich an Enzymen ist, die Beweglichkeit der Spermien stimuliert und bei der Ejakulation dem Samen beigemischt wird.

Umfangreiche Autopsie-Studien haben gezeigt, dass bereits ab dem 30. Lebensjahr die Vorsteherdrüse langsam zu wachsen beginnt. Die Ursachen dafür sind noch nicht eindeutig geklärt. Mediziner vermuten, dass hormongesteuerte Alterungsprozesse dabei eine Rolle spielen. Ab dem 75. Lebensjahr ist die Gewebewucherung dann bei nahezu allen Männern nachzuweisen. Wenn sich akute Probleme beim Wasserlassen ergeben, spricht man vom benignen Prostata-Syndrom. Mindestens zwei Millionen Männer hier zu Lande leiden darunter. Unterbleibt in diesem fortgeschrittenen Stadium eine entsprechende Therapie, können sich durch Keime häufige Harnwegsinfektionen mit Blasensteinbildung, Harnsperre sowie Harnstauung bis hin zum Nierenversagen bilden.

Für die schonende Behandlung der Prostata-Vergrößerung gibt es neuerdings im wahrsten Sinn grünes Licht. Bei dieser sanften Methode wird das wuchernde Gewebe mit einem hochenergetischen KTP (Kalium-Titanyl-Phosphat)-Festkörper-Laser, der grünes Licht mit ultrakurzen Pulsen aussendet, bei über 100o C vaporisiert, also verdampft. Nachdem Ärzte und Wissenschaftler der amerikanischen Mayo-Kiinik in Rochester das so genannte "Greenlight-Laser"-Verfahren einsetzten, optimierten der Urologe Oliver Reich und der Physiker Ronald Sroka vom Münchener Universitätsklinikum Großhadern in Kooperation mit der Firma Dornier Medizintechnik vor eineinhalb Jahren das minimal-invasive Laserverfahren.

Das Grundprinzip beruht darauf, dass grünes Laserlicht vom Hämoglobin des durchbluteten Gewebes besonders gut absorbiert wird. Bei dem schonenden Eingriff, der unter Vollnarkose geschieht, schiebt der Arzt ein dünnes Urethroskop, das ist ein Spezialendoskop, in die Harnröhre bis zur Prostata des Patienten.

Das grüne Laserlicht wird durch das Endoskop bis vor die Prostata geleitet. Dort strahlt es mit ultrakurzen Pulsen aus einer kleinen Glaskappe, einem Applikator, seitlich auf das Gewebe heraus und verdampft das wuchernde Gewebe.

Im Gegensatz dazu wird bei der bislang gebräuchlichen transurethralen Resektion der Prostata mittels einer elektrischen Hochfrequenzschlinge des Gewebe aus der Prostata geschält und der Urologe entfernt es mittels Rückspülung. Weitere alternative Verfahren sind die Mikrowellen-Thermotherapie, und die Nadelablation mit Radiofrequenzwellen, bei denen ebenfalls das Gewebe erhitzt wird. Als andere Möglichkeit wurde bereits vor zehn Jahren eine Laserbehandlung mit einem Neodym-YAG-Laser entwickelt. Bei dieser Lasertherapie mit infrarotem Licht wird das Gewebe lediglich gekocht. DieWirksamkeit dieser Methode erwies sich als zu gering. Zudem musste.das abgestorbene Gewebe nachträglich mit einer Schlinge entfernt werden.

Mittlerweile haben die Münchner über 100 Männer mit der Greenlight-Laser-Vaporisation behandelt. Dazu seien vor allem solche Patienten ausgewählt worden, die aufgrund anderer Erkrankungen mit der Standardmethode nicht behandelt werden konnten. Viele dieser Patienten mussten deswegen vor der Laser-Operation dauerhaft einen Blasenkatheter tragen. Inwieweit die Effektivität der KTP-Laservaporisation diejenige der Standardmethode (transurethrale Resektion der Prostata), vor allem längerfristig erreichen kann, müssen allerdings laufende vergleichende Studien in der Zukunft beantworten. "Man kann mit dem Laser nicht ganz so viel Gewebe entfernen wie mit der Schlinge. So hat mancher Patient nach dem Eingriff dann wieder Schwierigkeiten beim Wasserlassen", sagt Reich. Zudem ist die Behandlung mit dem Greenlight-Laser teuer. Wenn die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen, muss der Patient mehr als 3000 € dafür hinblättern.

Die konventionelle Technik mit Hochfrequenzstrom muss also nach Angaben der Mediziner weiterhin als Standardtherapie bezeichnet werden. Gleichwohl haben bereits deutschlandweit inzwischen 20 Kliniken und urologische Praxen das Verfahren übernommen. So ließen sich am Universitätsklinikum Düsseldorf um den Urologen Oliver Grimm bereits 50 Patienten behandeln. BODO DORRA

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