Straubinger, 10.Febr2005

Stoiber: Rot-Grün soll wegen der hohen Arbeitslosigkeit abtreten

Ministerpräsident fordert in seiner politischen Aschermittwochsrede in Passau einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik - Gemeinsam gegen Extremismus vorgehen - Schröder gegen "Ritual der Beschimpfung

Passau. (dpa/AP) CSU-Chef Edmund Stoiber hat die demokratischen Parteien zu gemeinsamem Vorgehen gegen den Extremismus aufgerufen. Alle Demokraten müssten zusammenstellen, sagte Stoiber beim Politischen Aschermittwoch seiner Partei vor rund 8000 Menschen in der Passauer Dreiländerhalle. Den Bürgern müsse klar gemacht werden, dass die Extremisten nichts zu bieten haben. Arbeitslosigkeit sei Nährboden für Extremismus. Stoiber forderte die Bundesregierung wegen der hohen Arbeitslosigkeit zum Rücktritt auf: "Sie sollte die Koffer packen und abtreten." Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe "aufgegeben".

Die SPD betreibe Politik nach dem Drei-Affen-Prinzip. "Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen". Der CSU-Chef forderte bei seiner mehr als zweistündigen Rede einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik: "Ein ganz wesentlicher Grund für die Unzufriedenheit ist die Massenarbeitslosigkeit von offiziell fünf Millionen Menschen." Das sei die "Wurzel allen Übels". Die Sozialsysteme könnten die Lasten nicht mehr tragen.

Die Kosten der Arbeitslosigkeit beliefen sich auf insgesamt 115 Milliarden Euro. "Jede Sekunde macht Deutschland 2 660 Euro neue Schulden." Schröder leide an der "größten und schwerwiegendsten Realitätsverweigerung, die sich je ein deutscher Bundeskanzler geleistet hat". Rot-Grün stehe für Massenarbeitslosigkeit und den Abstieg Deutschlands. Deutschland und die deutsche Wirtschaft brauchten dringend Innovationen. Rot-Grün sei jedoch untätig. "Es passiert nichts."

Im Kampf gegen die NPD forderte Stoiber den Schulterschluss aller Demokraten. "Einem neuen Verbotsantrag stehen wir nicht im Wege. "Wenn die Bundesregierung ihn nach sorgfältiger Abwägung stellen wolle, "werden wir sie dabei unterstützen". Allerdings würde ein Verbot das Problem nicht bei der Wurzel packen. Entscheidend seien die politische Auseinandersetzung und die Eindämmung der Arbeitslosigkeit.

Stoiber griff Schröder auch in der Visa-Affäre scharf an. Rot-Grün habe den Menschenhandel mit Frauen aus Osteuropa erleichtert und deutsche Sicherheitsinteressen aufs Spiel gesetzt, sagte Stoiber. "Nach der Verantwortung des Regierungschefs muss gefragt werden." Das Auswärtige Amt habe durch schwerstes Fehlverhalten kriminellen Taten Vorschub geleistet.

Der Ministerpräsident bekräftigte die Ablehnung eines EU-Beitritts der Türkei und attackierte die Ausländerpolitik von SPD und Grünen. "Selbst in Deutschland gibt es Stadtviertel, in denen nur noch deutsche Straßenschilder an eine deutsche Stadt erinnern", sagte Stoiber. "Rot-Grün kann mit Begriffen wie Heimat und Vaterland nichts anfangen", so der CSU-Vorsitzende. "Den Tag der Deutschen Einheit abschaffen und Mohammeds Geburtstag einführen, das hätte dem Fass den Boden ausgeschlagen. " Jede Nation brauche inneren emotionalen Zusammenhalt. "Wir wollen keine Parallelgesellschaften, in denen sich Menschen fremder Herkunft völlig von Deutschland abschotten."

Auch die CDU-Chefin Angela Merkel forderte, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, damit die Radikalen keine Chance haben.

"Das ist nicht der einzige Grund, aber es ist ein Grund." Die Bundesregierung habe ihre arbeitsmarktpolitischen Ziele weit verfehlt und die Menschen mit falschen Prophezeiungen hinters Licht geführt, sagte sie in Neumünster.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hielt Stoiber vor, den demokratischen Konsens zu verlassen. Der CSU-Vorsitzende sollte "ausnahmsweise noch einmal darüber nachdenken", dass er mit einer solchen Schuldzuweisung nur erreiche, dass "sich die, die im braunen Sumpf im Trüben fischen, die Hände reiben", sagte Schröder unter dem Beifall von rund 1200 Zuhörern. Schröder kritisierte das "Ritual der Beschimpfung" des jeweiligen politischen Gegners zu Aschermittwoch. "Die Herausforderungen sind so groß, dass wir Beschimpfungen unter Demokraten weitgehend unterlassen sollten und an die Arbeit gehen sollten", sagte er.

Auch Schröder bezeichnete die hohe Arbeitslosenzahl in Deutschland als bedruckend. Die neue Statistik mache aber endlich die Größe des Problems klar. Schröder kündigte weitere Reformen an. Die Koalition wolle die Pflegeversicherung in Ordnung bringen. Das reale Rentenalter müsse angehoben werden, indem ältere Arbeitnehmer nicht länger einfach ignoriert würden.

zurück