Umwelt: Solarchemisches Verfahren hilft, organische Schadstoffe ökologisch zu oxidieren
Mit der Sonne Pestizide knacken
VDI nachrichten, Düsseldorf, 3. 2. 06, swe -

In Südspanien nutzen die dortigen Landwirte die Sonne nicht nur für sonnengereiftes Gemüse. Solarkraft aus Vakuum-Röhrenkollektoren, kombiniert mit einem Oxidationsprozess, hilft dort, pestizidbelasteten Abwässern des bäuerlichen Fleißes zu Leibe zu rücken. Optimiert wird das Ganze mit einem zweiten Prozess, der die Reste auf Bakterienbasis klärt. Die Methode verspricht auch für die chemische Industrie interessant zu sein.

Freunde spanischer Tomaten werden sehr wahrscheinlich als Herkunftsort auf dem Etikett den Ort EI Ejido finden. Dort, in der andalusischen Provinz Almeria, werden auf ca. 30 000 ha Gewächshausfläche Tomaten, Paprika, Gurken und Salat für ganz Europa angebaut.

Mar de Plastico, Plastikmeer, nennen die Spanier die Treibhauslandschaft. Denn, wo viel Gemüse wächst, werden viele Pestizide eingesetzt. 5000t bis 6000t kommen jedes Jahr zum Einsatz. Dabei bleiben etwa 1,5 Mio.Plastikbehälter zurück, die noch Reste von Pestiziden enthalten und bis vor kurzem einfach vergraben, verbrannt oder mit dem Hausmüll entsorgt wurden.

Das musste sich ändern. Viele der Pestizide sind äußerst umweltschädlich und deshalb nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie als "Priority Substances" eingestuft.

Die Gemeinde E1 Ejido hat ein zentrales Sammelsystem für die leeren Pestizidbehälter eingerichtet. Das Unternehmen Albaida Recursos Naturales y Medio Ambiente S.A. betreibt eine Anlage, die die Kunststoffbehälter zerkleinert, wäscht und das gereinigte Plastik recycelt. Das Waschwasser wird anschließend mit modernen Verfahren aufbereitet.Grundlagen hierfür sind vor allem die Ergebnisse der Forschungsgruppe rund um die beiden Chemiker Juliän Blanco und Sixto Malato. Die beiden Forscher arbeiten an der Plataforma Solar de Almerfa (PSA), die 30 km landeinwärts in der Wüste von Tabernas liegt, dem Ort mit der zweithöchsten Sonneneinstrahlung Europas.

"Advanced Oxidation Processes" (AOP) ist der Oberbegriff für die chemischen Prozesse, mit denen die beiden Chemiker den organischen, nicht biologisch abbaubaren Verbindungen aus dem Waschwasser zu Leibe rücken. Alle AOP produzieren äußerst agressive Hydroxylradikale, die selbst stabile aromatische Ringverbindungen knacken. In El Ejido nutzen die Chemiker den Photo-Fenton-Prozess". Dabei reagiert Wasserstoffperoxid unter Lichteinwirkung zu den benötigten Hydroxilradikalen, gelöste Eisenionen wirken als Katalysator.

"Photo-Fenton ist besonders viel versprechend, weil für die photochemischen Prozesse nicht unbedingt teure Ultraviolettstrahlung benötigt wird, sondern sie auch mit vergleichsweise billigerem Sonnenlicht betrieben werden können", erklärt Blanco. Hierfür haben die Wissenschaftler schon in früheren Projekten die Compound Parabolic Collectors (CPC, Vakuum-Röhrenkollektoren) entsprechend angepasst. Aber auch mit Sonnenlicht betrieben, bleiben AOP zu teuer, um die organischen Verbindungen damit restlos abzubauen.

Nachdem die Hydroxilradikale das Abwasser teilweise oxidiert und aromatische Ringe geöffnet haben, sind die Substanzen meist nicht mehr giftig und auch wesentlich leichter biologisch abbaubar. Deshalb sollen von diesem Punkt an Bakterien die Arbeit übernehmen und wie in üblichen Kläranlagen die Reste vollständig abbauen.

Wann dieser Punkt erreicht ist, welche Bakterien am besten die Rückstände zersetzen und wie man die beiden kombinieren kann, dass sie möglichst günstig und zuverlässig arbeiten, wollen die Projektpartner des Projekts Cadox (Coupled Advanced Oxidation-Biological Process for Recycling of Industrial Wastewater Containing Persistent Organic Contaminants) herausfinden.

Seit etwa einem halben Jahr arbeitet die Anlage in EI Ejido schon im Routinebetrieb und bereitet das Waschwasser von wöchentlich etwa 10 000 Behältern auf. Die biologische Nachbehandlung wird dort allerdings noch nicht eingesetzt. Bisher nehmen die Chemiker der PSA dort Proben, die sie in ihrem eigenen biologischen Versuchsreaktor weiter behandeln.

"Die Ergebnisse versprechen gute Erfolge", berichtet Blanco. Eine Kostenanalyse für den kombinierten Prozess mit chemischer und biologischer Aufbereitung steht noch aus, aber schon heute haben Industrieunternehmen ihr Interesse an den Ergebnissen bekundet.

Im Rahmen des Cadox-Projekts wird zurzeit eine weitere Anlage beim Partner DSM-Deretil gebaut. Dort sollen Abwässer aus der pharmazeutischen Industrie aus einem Syntheseprozess behandelt werden. Eine vergleichbare Anlage wird im März 2006 in Testbetrieb genommen. EVA AUGSTENwww.psa.es/webeng/areas/quimi-ca/index.html www.dsm.com)

 

VDI n,achrichten - 3. Februar 2006 - Nr. 5
Umwelt: Biologin entdeckt Fremdgen im Schafschwingel-Gras
Natürlicher Gentransfer zwischen artfremden Gräsern

VDI nachrichten, Düsseldorf, 3.2.06, swe-

Artfremde Pflanzen, die weder miteinander verwandt noch untereinander kreuzungsfähig sind, sollten nach dem traditionellen Wissen der Biologen keine Gene untereinander austauschen können. Doch die Natur schafft offenbar auch das, was bislang allein den Gentechnikern im Labor möglich schien. Schwedische Wissenschaftler fanden.in Schafschwingel-Gras (Festuca ovina) ein Gen, das in dieser Form sonst nur in Rispengräsern (Poa) vorkommt, berichteten die Forscher im Fachblatt "Proceedings of the Royal Society".

Die Biologin Lena Ghatnekar von der Universität von Lund erforscht seit mehreren Jahren das Erbgut von Schafschwingel-Gräsern. Auf der Suche nach den Genen, die den Bauplan für ein Enzym namens PgiC enthalten, wurde sie in einigen Pflanzen gleich doppelt fündig. Allerdings war das zweite PgiC-Gen stets an einem anderen Platz im Genom angesiedelt und wies deutliche Unterschiede auf.

Anfangs wertete Ghatnekar die Differenzen als Folge der Verlagerung und von Mutationen des ursprünglichen PgiC-Gens. Schließlich brachten genetische Analysen an weiteren Grasarten die Forscherin auf eine unerwartete Spur: Die zweite PgiC-Genvariante entspricht genau dem PgiC-Gen, wie es im Erbgut der Rispengräser zu finden ist.

Wie das Gen zwischen den nur sehr entfernt miteinander verwandten Gräsern ausgetauscht werden konnte, ist für Ghadekar noch ein Rätsel. Sie hält es für möglich, dass ein Virus das Gen von einem ins andere Erbgut übertrug. In den Labors von Gentechnikern ist der Einsatz von Viren als Genfähren, die neue Gene in die DNA von Pflanzen einschleusen, gängige Praxis.LUCIAN HAAS

zurück