Straubinger,Landshuter, 12.Nov 2004

Gesundheitsreform: Union über Grundzüge einig???
Jedoch entscheidende Punkte noch offen –

Stoiber: Der Kompromiss steht noch lange nicht!

Berlin. (AP/dpa) Nach monatelangem Streit haben sich CDU und CSU auf Grundzüge einer künftigen Gesundheitsreform geeinigt, entscheidende Fragen aber noch nicht geklärt. Noch gebe es keine Ergebnisse, betonte der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber am Donnerstag in Berlin: "Ich bin optimistisch, dass wir einen Kompromiss hinbekommen, aber er steht noch lange nicht."

Wie aus der Union bekannt wurde, sollen die Krankenkassen pro Kopf eine Pauschale von 169 Euro erhalten. Die Versicherten zahlen demnach eine einheitliche Prämie von 109 Euro, die Differenz von 60 Euro soll aus einem Extra-Topf kommen. Dieser würde teils gespeist durch den - bei 6,5 Prozent eingefrorenen - Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung und teils aus Steuern (Allgemeiner Krankenversicherungssteuer-Anteil..?).

Wie genau der Sozialausgleich über Steuern finanziert werden soll, ist noch nicht vereinbart. Im Gespräch ist unter anderem, bei der angestrebten Steuerreform die Sätze nicht so stark zu senken wie bisher geplant.

Stoiber wies Spekulationen als störend für die Verhandlungsatmosphäre zurück und betonte, überhaupt nichts sei gesichert. Sein Generalsekretär Markus Söder hatte sich am Mittwoch optimistisch gezeigt, vor den bevorstehenden Parteitagen eine Lösung zu finden (warum??). Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Angela Merkel bekräftigte, "am Ende werde jede Kasse für jeden Versicherten (? oder für alle Bürger unseres Volkes??) den gleichen Betrag von rund 170 Euro erhalten". Das entspreche dem, "was Gesundheit pro Mensch kostet". Zugleich bekräftigte sie ihre Forderung nach einem Sozialausgleich über das Steuersystem (???). Ihr scheidender Stellvertreter in der Fraktion, Friedrich Merz (CDU), warnte davor, zu Gunsten des Gesundheitskonzepts die vereinbarte Steuerreform zu verwässern. Er forderte, an dem beschlossenen Stufentarif mit 12, 24 und 36 Prozent (Wieso Stufentarif? - R.Ki: ???) festzuhalten. "Unser Steuerkonzept ist rund und sollte so bleiben", sagte der Finanzexperte. Den Spitzensteuersatz nur auf 38 Prozent zu senken, reiche für den Sozialausgleich nicht aus, argumentierte er. Wenn dafür Geld fehle, "geht dies nur über die indirekten Steuern". Eine Mehrwertsteuererhöhung allein zur Sanierung des Haushalts schloss er aus.

Als "Kuddelmuddel" bezeichnete der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer den sich abzeichnenden Unions-Kompromiss. "Das Modell ist nicht zu verstehen, nur eines ist klar: Es wird unsolidarisch", erklärte er. Einige kosmetische Änderungen sollten die Kopfpauschale besser aussehen lassen, änderten aber nichts an der Grundrichtung. Auch könne die Union noch immer nicht sagen, wo das Geld für den Sozialausgleich herkommen solle.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart warnte die Union vor einem "faulen Kompromiss".

MUTLOSE PARTEIEN

VON GEORG SPRANGER

Der bayerische Staatskanzleiminister Erwin Huber tut gut daran, übertriebene Erwartungen an ein gemeinsames Modell von CDU und CSU zur Gesundheitsreform zu dämpfen. Nicht weil zwischen den C-Parteien schon so viel Porzellan zerdeppert worden ist. Das lässt sich bekanntlich schnell wieder kitten, wenn keiner sein Gesicht verliert und jeder etwas davon hat. Sondern wegen der grundsätzlichen Frage, ob das über Steuererhöhungen finanziert werden darf. CSU-Chef Edmund Stoiber ist dagegen und findet damit in der Bevölkerung mehr Zustimmung als die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die für ihre - ob nun 20 oder 40 Milliarden an zusätzlichem Aufwand keine seriöse Finanzierung vorweisen kann. Dem FDP-Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle geht es letztlich nicht anders. Er plädiert für ein Volk von Privatversicherten, was zweifellos die beste Lösung wäre, entwertet seine Vorstellungen jedoch sogleich durch das Eingeständnis, durchgerechnet habe die Partei ihr Modell noch nicht. Erstaunlich ist, dass auch er wie alle anderen politischen Akteure kein Wort mehr über die Ineffizienz des derzeitigen deutschen Gesundheitssystems verliert. Die dort versickernden beziehungsweise sinnlos aufgewendeten Milliarden werden offenbar schon als unabwendbares Übel hingenommen. So viel Difätismus wird sich noch rächen, denn beide Modelle - die Bürgerversicherung (SPD) und die Gesundheitsprämie (CDU) - ignorieren einfach die demographische Entwicklung und stehen eher früher als später wieder vor dem alten Problem der Unfinanzierbarkeit. Bis dahin aber wird sich das ineffektive System weiter verfestigt haben und ein Systemwechsel noch schwieriger und noch teurer werden. Ohne noch mehr private Vorsorge wird am Ende kein Modell funktionieren. Zu besichtigen ist das an der Pflegeversicherung, wo die staatliche Umlage-Variante im Gegensatz zur privaten vor der Pleite steht.

zurück