Mittelstandsbrief

Informationsbrief der Mittelstands-Union der CSU Ausgabe Oktober 2004
"Weichen stellen für den Mittelstand"
Michelbach: Der Mittelstand steht auf - Wiesheu: Reformen müssen sich an den Interessen des Mittelstandes orientieren.

Einen klaren Reformkurs hat der Bayerische Mittelstandstag am ersten Oktober-Wochenende in Ingolstadt abgesteckt. Mehr Freiheit und mehr Investitionen lautet die klare Grundlinie des in der Donaustadt verabschiedeten Forderungskatalogs. "Der Mittelstand steht auf gegen staatliche Bürokratie, gegen Reglementierung, gegen rot-grünes Chaos", lautet die Kampfansage unter großem Beifall der Delegierten. Unterstützung kam von Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu und dem Generalsekretär der Schwesterpartei CDU, Laurenz Meyer. Reformen müssen sich an den Interessen des Mittelstandes orientieren'', betonte Wiesheu.

Der MU-Vorsitzende Michelbach ging scharf mit der rot-grünen Bundesregierung ins Gericht. Immer mehr Bürokratie und ständig neue Forderungen nach Steuererhöhungen seien Gift für die Wirtschaft. Die Politik der Bundesregierung verunsichere Betriebe und Verbraucher. "Wir erleben in unseren Unternehmen Stagnation. Zehntausende Betriebe sind dem in den vergangenen Jahren zum Opfer gefallen'' umriss Michelbach die Folgen dieser Politik. Die soziale Marktwirtschaft aber könne ohne starke Unternehmer nicht bestehen.

Michelbach mahnte aber die Union zugleich zu einer klaren zukunftsorientierten Linie. CDU und CSU würden gegenwärtig nicht als klare Alternativen angesehen. Das muss uns aufrütteln. Wir müssen einen eigenen klaren Kurs fahren. Selbstbewusst unterstrich der MU-Vorsitzende: "Wir sind das Zentrum der wirtschaftpolitischen Kompetenz der Union".

Nachdrücklich forderte er einen Kurswechsel im Interesse des Mittelstandes. Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, erinnerte der MU-Vorsitzende.

"Großunternehmen gehen immer mehr ins Ausland. Der Mittelstand bleibt und will bleiben. Man muss ihn aber auch in Deutschland bleiben lassen" fügte Michelbach hinzu.

Die Rahmenbedingungen sind gegenwärtig so schlecht wie nie zuvor. Eine Sozialausgabenquote von 32,5 Prozent, ein Sozialversicherungsgesamtbeitrag von 42 Prozent und 77 Euro Zusatzkosten je 100 Euro Lohn seien ein Negativrekord in der Geschichte der Bundesrepublik. "Zu Abgaben- und Steuersenkungen gibt es keine Alternative, wenn es wieder aufwärts gehen soll", lautete Michelbachs Mahnung.

Klare Forderungen des Mittelstandstages:

Mehr Freiheit, mehr Flexibilität, mehr Investitionen

Einen klaren Kurs für mehr Wachstum und Beschäftigung haben die Delegierten des Mit-telstandstages beschlossen. Im Mittelpunkt steht ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Senkung der Lohnzusatzkosten, deren Höhe eine eindeutige Wachstumsbremse ist. Der Teufelskreis von steigenden Sozialleistungen und steigender Arbeitslosigkeit soll durch die Abkopplung der Finanzierung der sozialen Sicherung vom Arbeitsverhältnis erreicht werden:

Wachstum und Beschäftigung sollen ferner durch Verlängerung der Arbeitszeit und Flexibilisierung des Kündigungsschutzes erreicht werden:

- Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeiten müssen verlängert werden. Dazu gehören zwei Stunden Arbeit pro Woche mehr ohne Lohnausgleich und ein Urlaubstag pro Jahr weniger.

Der gesetzliche Kündigungsschutz ist auf Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern zu beschränken.

Der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit wird abgeschafft.

- Für den Betrieb wichtige Arbeitnehmer werden von der Sozialauswahl bei Entlassungen ausgenommen.

- Arbeitnehmer sollen ein Optionsrecht erhalten, Arbeitsverträge mit und ohne Kündigungsschutz bei entsprechend unterschiedlichen Einkommen abzuschließen.

Auch Tarifrecht und Streikrecht müssen verändert werden:

- Betriebsrat oder Belegschaft sowie Unternehmensleitungen können sich ohne Einspruchsrecht der Tarifparteien zum Wohle des Betriebes auf Abweichung vom Tarifvertrag verständigen.

- Warnstreiks sollen gesetzlich verboten werden. Streik darf tatsächlich nur noch das letzte Mittel im Arbeitskampf sein.

Ferner wird eine grundlegende Gesamtsteuerreform mit international konkurrenzfähigen Steuersätzen verlangt. Die Gewerbesteuer soll fallen.

Nachdrücklich wird die Erhöhung der öffentlichen Investitionen verlangt. Der Mittelstandstag äußerte die Erwartung, dass die Landesregierung die lnvestitionsquote im Freistaat wieder anhebt und auf mindestens 15 Prozent hochfährt.

Er rechnete vor, dass die Lohnnebenkosten in Frankreich und Belgien um 16 Prozent niedriger liegen als in Deutschland. Zudem verwies er auf die äußerst niedrigen Lohnkosten in den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Zugleich stellte Michelbach aber klar: "Wir wollen kein Niedriglohnland werden, aber dürfen auch die Wirklichkeit nicht aus den Augen verlieren."

Es gehe auch nicht an, dass für die Verwaltung von Arbeitslosigkeit mehr ausgegeben werde als für Investitionen, fügte Michelbach hinzu. So komme Deutschland nicht aus der Krise heraus. "Wir brauchen mehr Freiheit und mehr Investitionen' ' Entscheidungen müssten in den Betrieben getroffen werden und nicht in Gewerkschaftszentralen. Das sei wahre Sozialpartnerschaft. "Wir sind die sozialen Partner in den Betrieben. Wir kennen die ernsthaften Probleme der Menschen - anders als die Klientelparteien FDP, Grüne oder SPD betonte Michelbach.

Der MU-Vorsitzende forderte auch Taten bei der Entbürokratisierung.

Außerdem müssten Eigenvorsorge und Eigenverantwortung stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Sozialabgaben müssten von den Lohnkosten abgekoppelt werden, wenn der Arbeitsmarkt wieder in Schwung kommen solle. Selbstverantwortete Risiken sollten auch selbst versichert werden. Er wandte sich in diesem Zusammenhang gegen die Bürgerversicherungspläne von RotGrün. Stattdessen plädierte er für eine einheitliche Pauschale. Eine Reform muss auch eine wirkliche Reform sein, betonte er.

Bayerns Wirtschaftsminister Wiesheu versprach den Vertretern des bayerischen Mittelstandes eine umfassende Entbürokratisierung. Er wies zudem auf die große Bedeutung des Mittelstandes hin. "Wir brauchen eine gesunde Mischung von Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben", sagte er. Die Staatsregierung trage dieser Bedeutung mit ihrer Politik Rechnung.

Wiesheu unterstützte die Forderung des MU nach einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. "Wir müssen die Schwelle für Beschäftigung senken. Bei der Lockerung des Kündigungsschutzes gehe es um eine Senkung der Einstiegsbarrieren, nicht um weniger Rechte für Arbeitnehmer. Ein Arbeitsplatz, der durch die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes nicht getragen werden kann, ist auch durch Kündigungsschutz nicht zu sichern" hielt er Kritikern vor.

Scharf ging er auch mit der gewerkschaftlichen Lohnpolitik ins Gericht. In den Lohnrunden würden die Abschlüsse von Konzernen und Gewerkschaften zum Nachteil des Mittelstandes bestimmt. Anschließend gewähre die Gewerkschaft, wie etwa im Fall Daimler Chrysler, den Konzernen in Einzelverhandlungen Nachlässe, weil die Ergebnisse nicht finanzierbar seien. Die gleichen Nachlässe aber würden mittelständischen Betrieben verweigert. Wiesheus Fazit: Zu Tarifverhandlungen gehört der Mittelstand dazu.

Er verlangte auch ein Ende der Benachteiligung von Familienunternehmen beim Betriebsübergang. Die fällige Erbschaftssteuer gehe ,an die Substanz'. Er erneuerte die Forderung nach einem stufenweisen Erlass der Steuer mit dem Ziel des vollständigen Erlasses, wenn der Betrieb über zehn Jahre fortgeführt wurde. Eine Erhöhung der Erbschaftssteuer und anderer Steuern lehnte Wiesheu kategorisch ab. "Ich meine, dass 40.000 Pleiten im Jahr reichen.'

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, der zum Mittelstandstag in die Donaustadt gekommen war, plädierte für grundlegende Reformen. "Wir brauchen Mut, um zu grundsätzlichen Änderungen zu kommen" unterstrich er. Dazu zählte Meyer auch die Abkopplung der Krankenkassenbeiträge von den Arbeitskosten und einen tatsächlichen Wettbewerb im Krankenkassensystem. Er plädierte dabei für eine rasche Einigung zwischen CDU und CSU auf diesem Feld.

Nachdrücklich sprach sich Meyer für betriebliche Bündnisse für Arbeit und Flexibilisierung im Arbeitsrecht aus, um Einstellungen zu erleichtern. Dem DGB warf er eine Blockadehaltung vor. Der DGB klage über hohe Überstunden, blockiere aber mit seinem starren Festhalten an den bisherigen Kündigungsschutzregelungen verstärkte Neueinstellungen.

"Gegen die Finanzierung der Windräder ist die Subventionierung der Steinkohle eine extrem wirtschatfliche Angelegenheit." Laurenz Meyer, Generalsekretär der CDU

"Es stimmt, dass die Deutschen im internationalen Vergleich zu wenig arbeiten. Das haben wir uns so lange leisten können, wie unsere Pro-Kopf-Produktivität über jener der anderen lndustrieländer lag. Diese Zeiten sind vorbei." Edmund Stoiber, Bayerischer Ministerpräsident

"Wenn die Bundesbank jedem Vorschlag, mit Goldverkäufen etwas zu finanzieren, gefolgt wäre, bestünde die Finanzierungsoption heute gar nicht mehr.""Ein über lange Zeit aufgehäuftes Vermögen sollte nicht einfach zum Finanzieren des laufenden Konsums eingesetzt werden." Bundesbankvorstandsmitglied Hans-Helmut Kotz zu wiederholten Forderungen den Goldschatz der Bundesbank zur Finanzierung von Bundesaufgaben zu verkaufen.

Bayern wächst spitzenmäßig

Gemeinsam mit Sachsen war Bayern im ersten Halbjahr 2004 mit 2,3 Prozent Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum. Im Bundesdurchschnitt wuchs die Wirtschaft um 1,8 Prozent. Wirtschaftsminister Otto Wiesheu zeigte sich zuversichtlich, dass auch das Gesamtergebnis 2004 deutlich besser ausfallen werde als in den letzten drei Jahren, in denen die Konjunktur nahezu stagnierte (2001: + 0,7 Prozent; 2002: + 0,6 Prozent; 2003: + 0,2 Prozent). Den stärksten Wachstumsbeitrag im 1. Halbjahr leistete das Verarbeitende Gewerbe mit einem Wachstum von 5,6 Prozent. Vor allem Bayerns Exportwirtschaft befindet sich im Höhenflug. Der Wert der Ausfuhren steigerte sich in den ersten sechs Monaten um 12,1 Prozent auf 58,3 Milliarden Euro. Damit steigert der Freistaat voraussichtlich auf den elften Exportrekord in Folge hin.

Herausgeber:
Mittelstands-Union der CSU, Stephan Rauhut, Landesgeschäftsführer
Franz Josef Strauß-Haus, Nymphenburger Str. 64, 80335 München
Telefon:
089/1243-264, Telefax:089/1243-292, E-Mail: mugcsu-bayern.de, Internet: www.mu-bayern.de

Die 1.900 Euro-Marke übersprungen (aus iwd Nr. 43 21.10.04)

Ab 1. Januar 2005 müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Westdeutschland in der Spitze erstmals monatlich mehr als 1.900 Euro an die Sozialkassen abführen. Dafür sorgen die höheren Beitragsbemessungsgrenzen. Erst Mitte des kommenden Jahres kann es auf Unternehmensseite zu spürbaren Entlastungen bei den Personalzusatzkosten kommen. Im Rahmen der Gesundheitsreform zahlen die Arbeitgeber dann 0,45 Prozentpunkte weniger - und die Arbeitnehmer entsprechend mehr für die Krankenversicherung.

Turnusmäßig werden die Beitragsbemessungsgrenzen zum Jahreswechsel an die Entwicklung der durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter angepasst. Damit wird festgelegt, bis zu welcher Höhe Arbeitsentgelte und Renten beitragspflichtig sind. In der Folge müssen deshalb im nächsten Jahr wieder all jene tiefer in die Tasche greifen, deren Entgelte die alte Höchstgrenze überschreiten. Denn mit höheren Bemessungsgrenzen werden zusätzliche Entgeltanteile beitragspflichtig. Das trifft auch die Unternehmen, weil sie die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Für Arbeitnehmer mit Entgelten unterhalb der Bemessungsgrenze ändert sich dagegen nur etwas, wenn die Beitragssätze steigen oder sinken. Letzteres scheint der Fall zu sein. Denn die jüngste Gesundheitsreform (Praxisgebühr und Co.) zeigt

Die Beitragssätze zur Krankenversicherung sind bereits Mitte 2004 im Durchschnitt von 14,3 auf 14,2 Prozent gesunken.
Vorausgesetzt, die Krankenkassen verwenden ihre Einnahmeüberschüsse – immerhin rund 2.4 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2004 -nicht ausschließlich für die Schuldentilgung, scheint im nächsten Jahr ein durchschnittlicher Beitragssatz von 14,0 Prozent in Sicht. Davon würde die Masse der Beitragszahler profitieren.Ein Blick auf die Höchstbeiträge im kommenden Jahr zeigt jedoch, dass diese Entlastung zumindest bei höheren Entgelten durch die Anhebung der Bemessungsgrenzen wieder aufgezehrt wird (Grafik):
Westdeutschland. In der Spitze werden die Sozialversicherungsbeiträge zum Jahreswechsel um knapp 12 Euro steigen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen dann jeweils bis zu 953 Euro pro Monat berappen, um Arbeitslose und Ruheständler zu versorgen sowie laufende Arzt- und Pflegerechnungen zu begleichen.

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