Straubinger, 8.März2006
Gastkommentar:
HUBER AUF GUTEM WEG
VON HANNES BURGER

"Junge, aktive und gut ausgebildete Leute an ihre ländliche Region zu binden, die Bevölkerungsstruktur so zu erhalten und eine Explosion der Ballungsgebiete zu verhindern", in diesem Ziel war sich Ministerpräsident, Edmund Stoiber letzte Woche bei seinem Besuch im Landkreis Cham mit Landrat Theo Zellner und den Bürgermeistern weithin einig. Als ideales Mittel dazu empfahl er Cluster-Bildung in allen Teilen Bayerns, wie er sie dort in der Oberpfalz an einem eindrucksvollen Beispiel vorfand: der "Mechatronik" als vielfältige Kombination von Mechanik und Elektronik. Vergleichbar damit ist auch die Cluster-Bildung, die sich in Straubing um das Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe weiterentwickelt.

Jede Zeit hat ihre Herausforderungen, ihre Modewörter und Zauberformeln. "Der ländliche Raum" ist so ein Begriff aus dem Fachchinesisch der Strukturpolitik, "Metropolregion", Regionalmanagement" und "Cluster-Bildung". Der "Verdichtungsraum" ist auch kein Literaten-Cafe und Cluster bedeutet wörtlich: Haufen, Schwärme, Gruppen. "Haufen bilden" hieß früher Zusammenrottung. Schwärme bilden die Zugvögel und Fische, die so Energie sparen und sich auf ihrem Weg gemeinsam sicherer fühlen.

Mit Cluster sind in der Regionalplanung thematische Schwerpunkte gemeint, unter denen sich Gruppen von Firmen, Wissenschaft, Berufs- und Fachhochschulen zu einem Netzwerk zusammenschließen, um ihre Stärken zu bündeln, gemeinsam mehr Dynamik zu entwickeln - von Forschung und Kreativität über Ausbildung und Erfahrungsaustausch bis zu Vermarktung und Vertrieb der Produkte. Das stärkt die Wirtschaft der ganzen Region, erhält Arbeitsplätze und verhindert die Abwanderung der jungen Familien. Cluster lassen sich zu vielerlei Themen und Branchen bilden, in Niederbayern und der Oberpfalz auch für Holz, Glas, Metall, Lebensmittelerzeugung, Logistik, Tourismus etc. Cluster gehören auch zu den Instrumenten des neuen Landes-Entwicklungsprogramms (LEP), das Wirtschaftsminister Erwin Huber gestern im Landtag eingebracht hat.

"Oberstes Leitziel der bayerischen Landesentwicklungspolitik", sagte Huber, sei es "gleichwertige und gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen zu schaffen und zu erhalten, um den Menschen überall vergleichbare Chancen zu bieten." Das bedeute, in Stadt und Land ein leistungsfähiges Angebot an Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Wer möchte Huher da widersprechen? Aber gesagt ist immer leichter als getan.

Der Ministerpräsident und sein Wirtschaftsminister erinnerten an die erfolgreiche Landesentwicklung in Bayern in den siebziger Jahren unter ihren Vorvorgängern Alfons Goppel und Anton Jaumann. Die sorgten dafür, dass das Gefälle zwischen Stadt und Land ausgeglichen wurde und Arbeitsplätze zu den Menschen kamen statt umgekehrt. Sie widerstanden der - nicht nur von der SPD propagierten - Versuchung, sich auf wenige industrielle Ballungszentren für Arbeit, Wohnung, Bildung und Gesundheitsvorsorge zu konzentrieren und das restliche Land der Agrarproduktion und Landschaftspflege für Erholung und Tourismus zu überlassen.

Das hätte zum einen ein Massenproletariat in überlasteten Großstädten mit teuerster Infrastruktur bedeutet. Und zum anderen dahinter eine romantische Museumslandschaft, wo in sterbenden Dörfern die verbliebenen Alten auch auf ihren Tod warten. Die gleiche Entwicklung droht jetzt wieder, wenn der Staat auf die Folgen von Globalisierung, EU-Erweiterung und Bevölkerungsrückgang in Bayerns strukturschwachen Regionen nicht erneut reagiert. Erwin Huber hat seine ersten 100 Tage im neuen Amt gut genutzt, sich auf die Herausforderungen vorzubereiten, die auf ihn zukommen. Die Planungsschwerpunkte der Regionen müssen fortentwickelt und an die Gegebenheiten und Bedürfnisse der heutigen Zeit angepasst werden. Die Ziele sind gut, aber: "Ohne Geld koa Musi!" Bei Minister Huber wirkt es sich jetzt positiv aus, dass der Bereich Landesplanung unter Prof. Konrad Goppel ins Wirtschaftsressort eingegliedert worden ist, nachdem Umweltminister Schnappauf damit nichts anfangen konnte. Nach der Anhörung bei den Kommunen und den Wirtschafts-, Sozial- und Naturschutzverbänden mit kräftiger, zum Teil konträrer Kritik, wurde das LEP jetzt korrigiert, gestrafft, von manchen Reglementierungen entschlackt und auf wesentliche entwicklungspolitische Prioritäten im Land reduziert. Der Landtag kann ja noch manchen Feinschliff im Detail der Zielsetzung anbringen. Aber die Wege dahin sind voller Konflikte, wie man sie etwa am Beispiel der unvereinbaren Interessen zwischen Innenstadt-Geschäften und Supermärkten auf der grünen Wiese bereits kennt.

"Der Verteilungskampf zwischen Stadt und Land um die Ressourcen ist härter geworden", stellte Huber fest. Und die Mittel wurden weniger. Nicht nur die Metropolregionen München und Nürnberg, sondern alle Großstädte und industriellen Ballungszentren, die in den letzten Jahrzehnten eindeutig gegenüber ländlichen Räumen bevorzugt wurden, misstrauen nun dem "Vorrangprinzip", das bei gleicher fachlicher Notwendigkeit dem strukturschwachen ländlichen Raum die Priorität einräumen soll.

Dieser Vorrang bei Planungen zur Versorgung mit Infrastruktur, bei Fördermaßnahmen und der Verteilung der Finanzmittel ist nicht mehr als lediglich ein überfälliger Ausgleich für den ländlichen Raum, der 80 Prozent der Fläche und fast 60 Prozent der Bevölkerung Bayerns umfasst. Die geplante gerechtere Balance bei den Schwerpunkten der Förderung nimmt den Verdichtungsräumen und Metropolregionen nichts weg von ihrer Bedeutung. Erwin Huber nennt sie "lnnovationszentren und Impulsgeber für das ganze Land und dessen Wettbewerbsfähigkeit in Europa".

Die Metropolen sind mit erstklassigen Einrichtungen - von Universitäten bis zu Fußball-Arenen, von Kunstmuseen, Opern- und Konzerthäusern bis zu Flughäfen und öffentlichen Verkehrsmitteln - ausgestattet. Je weiter sie auf das Umland ausstrahlen, desto besser ist es. Aber man kann nicht auf Dauer einem Landkreis 10 000 Euro Kulturförderung streichen und in München oder Nürnberg immer noch ein neues Kunstmuseum um viele Millionen Euro errichten, hier neue Schnellbahnstrecken bauen und dort klapprige Regionalzüge aus dem Ersten Weltkrieg zockeln lassen. Die Balance zwischen den Kosten der angeblichen "Hochkultur" in den Großstädten und der echten Bürgerkultur in den kleinen Städten und Dörfern stimmt auch nicht.

Dies alles ist ein weites Feld, für das Erwin Huber nicht allein verantwortlich ist. Aber wenn er mit der Landes-Entwicklungspolitik nur das Umdenken im Landtag voranbringt und es schafft, seinen schönen Worten auch harte Euros folgen zu lassen, dann kann man ihn nur ermutigen: "Weiter so, Niederbayer, lass ja nicht locker! "

 

Faltlhauser: "Ohne einen Euro neue Schulden"
Bayerns Finanzminister legt den ersten ausgeglichenen Haushalt in Deutschland seit Jahrzehnten vor
Von unserem Münchner Korrespondenten Ralf Müller

Wäre Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) nicht so ein abgebrühter Politiker, würde er sich vielleicht dieser Tage schmollend in sein Ministerbüro zurückziehen. Die Landtagsopposition, aber auch viele Medien wollen ihm einfach nicht glauben, dass er 2006 den seit Jahren angekündigten Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegt, den ersten seit Jahrzehnten in Deutschland. Und doch ist es so, betonte Faltlhauser am Vorabend der für den heutigen Mittwoch vorgesehenen Einbringung des Nachtragshaushalts 2006. Sein Zahlenwerk stelle einen "lupenreinen ausgeglichenen Haushalt ohne einen Euro Neuverschuldung" dar, "ohne irgendwelchen krummen Dinger".

Die Haushaltsexperten der Oppositionsparteien SPD und Grüne unterstellen dem Minister Tricks und Täuschungen. Faltlhauser habe 2005 mit einer überproportionalen Kreditaufnahme in der Größenordnung von 1,8 Milliarden Euro "Schulden auf Vorrat" gemacht. Die formal ausgeglichene Bilanz bekomme der Hüter der bayerischen Staatsfinanzen 2006 auch nur hin, weil er sich bei den freistaatseigenen Fonds und Stöcken, also bei sich selbst, verschulde, heißt es. Überdies buttere Faltlhauser kräftig Privatisierungserlöse in seine Bilanz, um im Auftrag von Ministerpräsident Edmund Stoiher (CSU) die Schwarze Null zu erreichen.

Letzteres bestreitet Faltlhauser gar nicht. Die Verwendung von Privatisierungsmittel seien ein "legitimes Mittel", beharrt der Finanzminister und verweist auf die Praxis im Bund und in anderen Ländern. Soweit wie der Stadtstaat Hamburg, das unter anderem Verwaltungsbauten verkauft habe und jetzt für seine Beamten 40 Millionen Euro Miete im Jahr zahle, werde er allerdings nie, gehen. Die Opposition, startet Faltlhauser zum Gegenangriff, müsse sich entscheiden, ob sie ihm "Kaputtsparen" oder heimliche Verschuldung vorwerfen wolle.

Die Regierungspartei CSU hat über ihren Haushaltsexperten Manfred Ach längst bescheinigt, dass ihr Ministerpräsident Stoiber das mit viel Aufwand und zerschlagenem Porzellan angestrebte Ziel des ausgeglichenen Haushalts nunmehr erreicht hat. Zur Verabschiedung des Zahlenwerks am heutigen Mittwoch liegen den Landtagsabgeordneten eine ganze Reihe schöner Schaubilder vor, die auch optisch deutlich machen, welche Ausnahmeerscheinung die bayerische Haushaltslage in der Bundesrepublik darstellt.

So liegt die Zinslastquote des bayerischen 35-Milliarden-Staatshaushalte mit 3,2 Prozent weit unter dem Klassenzweiten Baden-Württemberg mit 7,3 Prozent, die Investitionsquote hingegen mit 12,8 Prozent unerreicht vor den nächstplatzierten Bundesländern: Saarland (11,1 Prozent) und Rheinland-Pfalz (10,4 Prozent). Der Anteil des Gesamthaushaltes am Bruttoinlandsprodukt sank in Bayern seit einem Höchststand von 13,3 Prozent im Jahr 1975 kontinuierlich auf 8,8 Prozent im Vorjahr.

Während Bayern 2006 keinen Euro mehr an neuen Schulden aufnehmen will, plagen sich die westlichen Bundesländer mit einer Kreditfinanzierungsquote von durchschnittlich 8,9 Prozent herum. Man müsse schon lange in der Geschichte der Bundesrepublik zurückgehen, um einen ausgeglichenen Etat zu finden, betont Faltlhauser, der besonders stolz auf sein glückliches Händchen beim günstigen Umschulden von Altlasten ist: "Vor 30 Jahren soll es so etwas zuletzt gegeben haben." Das von allen Seiten angezweifelte Erreichen des Zieles in diesem Jahr sei auch von nicht zu unterschätzender psychologischer Bedeutung: Ein Verfehlen, so Faltlhauser, "wäre ein ganz fatales Signal gewesen"

Und doch will Faltlhauser sich jetzt nicht zurücklehnen und die Zügel lockern. Nicht zuletzt in den eigenen Reihen besteht die Erwartung, dass man nach etlichen Jahren des schmerzhaften Sparens jetzt wieder mit Spendierhosen über das Land ziehen könne. Um 2007 und 2008 ebenfalls ausgeglichene Haushalte vorlegen zu können, müsse weiter eisern gespart werden, verkündet Bayerns Kassenwart: "Den Zwang, weiter zu sparen, verstehen auch viele in den eigenen Reihen nicht."

Und auch ohne die Verwendung von weiteren Privatisierungserlösen zur Haushaltssanierung werde man voraussichtlich nicht herumkommen, meint Faltlhauser. Auf Konjunkturaufschwung und stärker sprudelnde Steuereinnahmen will der bayerische Finanzminister trotz des Wirkens von Parteifreund Michael Glos als Bundeswirtschaftsminister in Berlin nicht setzen: Eine solche "mittelfristige Finanzplanung" könne man "in den Ofen schieben".   unten aus dem Bayernkurier vom 10./11.03.06:

R.Kiehl: Was bedeutet was in der letzten Graphik????????

7.März2006
Kriminalität im Freistaat ging deutlich zurück
Beckstein legt Kriminalstatistik für das Jahr 2005 vor - Ostbayern am sichersten

München. (Eig.Ber.) Eine glänzende Bilanz konnte der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) am Montag mit der Kriminalstatistik 2005 vorlegen: Die Zahl der Staftaten im Freistaat lag im Vorjahr mit 682 266 Fällen um 4,5 Prozent unter der des Vorjahres. Mit 5 483 registrierten Straftaten je 100000 Einwohner wurde das Kriminalitätsniveau des Jahres 1992 erreicht. Bayern habe damit seinen Vorsprung als "Marktführer auf dem Gebiet der inneren Sicherheit ausgebaut", betonte Beckstein.

Deutlich weniger Straftaten wurden im vergangenen Jahr in Bayern vor allem bei Diebstählen (minus 7,8 Prozent), Vermögens- und Fälschungsdelikten (minus 4,4 Prozent) und der Straßenkriminalität (minus 6,4 Prozent) registriert. Rückläufig war auch die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen (minus acht Prozent), der straffällig gewordenen Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden (minus 4,4 Prozent) und der aufmerksam beobachteten Kriminalität an den Schulen (minus acht Prozent).

Den bittersten Wermutstropfen in der ansonsten glänzenden Kriminalstatistik stellt der deutliche Anstieg der Gewaltkriminalität dar: Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen stieg um 6,3 Prozent oder 1037 Fällen gegenüber 2004. Beckstein machte dafür eine größere Anzeigebereitschaft, aber auch die "steigende Gewaltbereitschaft in bestimmten Gruppen der Bevölkerung" verantwortlich. Es falle außerdem auf, dass die Hälfte der Gewalttäter alkoholisiert sei. Der Minister kündigte an, einen Schwerpunkt der polizeilichen Präventionsarbeit auf das Thema "Jugend und Alkohol" zu legen.

Die im Bundesvergleich konkurrenzlos hohe Aufklärungsquote konnte die bayerische Polizei noch einmal um 0,3 auf 65,9 Prozent steigern ein Höchstwert in der Geschichte der Kriminalstatistik. Ein besonderer Coup gelang der bayerischen Polizei bei der Verfolgung von Mördern. Ihnen gelang das Kunststück, im vergangenen Jahr mehr Morde aufzuklären als begangen wurden, wovon die Aufklärungsquote von 100,7 Prozent zeugt. Mithilfe moderner DNA-Kriminaltechnik konnte der Sexualmord an einer 18-jährigen Schülerin aus dem Jahr 1983 aufgeklärt werden. Damit standen 134 im Jahr 2005 begangene Morde 135 aufgeklärten gegenüber.

Um 1,9 Prozent leicht zurück ging die Zahl der Rauschgiftdelikte. Mit 197 Drogentoten verzeichnete die Statistik den niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Er habe den Eindruck, dass sich viele Dealer auf den Zigarettenschmuggel verlegten, meinte Beckstein. Mit dem Schmuggeln von echten oder auch gefälschten Glimmstängeln ließen sich mittlerweile Milliarden verdienen.

Auch bundesweit erwartet Beckstein, der zurzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, einen Rückgang der Straftaten von 2005 zu 2004. Endgültige Zahlen lägen noch nicht vor, da NordrheinWestfalen seine Bilanzen noch nicht vorgelegt habe, sagte Beckstein. Allerdings sei damit zu rechnen, dass der bundesweite Straftaten-Rückgang nicht so deutlich ausfalle wie der in Bayern. Auch in Gesamtdeutschland müsse mit einer Zunahme der Gewaltkriminalität gerechnet werden.

In allen bayerischen Regierungsbezirken ist die Zahl, der Straftaten in Ostbayern am stärksten zurückgegangen. Die Zahl der erfassten Delikte sank in der Oberpfalz und Niederbayern um 7,2 Prozent auf 108 004. Mit 4 649 registrierten Straftaten je 100000 Einwohner sind die beiden ostbayerischen Bezirke auch die sichersten in Bayern. Nach intensiven Bemühungen der örtlichen Polizei konnte die Kriminalität in Regensburg spürbar reduziert werden: Die Zahl der Straftaten ging in der Donau-Metropole um 20,7 Prozent auf 12 521 zurück. In den vergangenen Jahren war Regensburg überproportional kriminalitätsbelastet. Ralf Müller

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