Geldanlage: Nachfrage nach Wasser-Fonds und -Zertifikaten steigt
Die Suche nach dem "blauen Gold"
VDI nachrichten, Frankfurt 24. 3. 06, mav -

Wasser ist ein knappes Gut. Über eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser Wasser gilt daher als das "Öl des 21. Jahrhunderts". Um ausreichend Menschen mit Trinkwasser zu versorgen, sind Milliarden-Investitionen notwendig. Banken und Investmentgesellschaften haben das Thema längst entdeckt und bieten Wasser-Fonds und -Zertifikate an.

Eine Woche lang war Mexiko-Stadt der Nabel der Wasser-Welt: Auf dem Weltwasserforum debattierten über zehntausend Teilnehmer aus Politik, Industrie und Wissenschaft, wie die knapper werdende Ressource besser verteilt und geschätzt werden kann.

Derzeit haben 40 % der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser oder verfügen nicht über eine ausreichende Abwasserentsorgung. Um die Wasserprobleme in den Griff zu bekommen, müssten 800 Mrd. $ in den kommenden zehn Jahren investiert werden, hat die Weltbank ausgerechnet. Allein in Europa liegt der Investitionsbedarf bei 360 Mrd. E.

"Das globale Bevölkerungswachstum, die fortschreitende Industrialisierung in den Schwellenländern und die Überalterung vieler Wassernetze werden die Herausforderungen in der Wasserversorgung weiter verschärfen", glaubt Alexander Barkawi, Managing Director der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Vermögensverwaltung SAM Group. Experten sind sich einig: der Wasserbedarf wird in Zukunft deutlich zunehmen.

Das eröffnet der privaten Wasserwirtschaft neue Wachstumsperspektiven. Der Branche wird ein jährliches Wachstum von 6 % bis 8 % prophezeit.

Schon jetzt ist das Geschäft mit dem kühlen Nass ein Milliardengeschäft. Hohe Summen werden in den Aufbau und die Modernisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gesteckt. Bei vielen Wasser-Firmen sprudeln die Gewinne.

Kein Wunder, dass Anleger zunehmend Wasser als verlockende Investitions-Chance sehen. Zwei Fonds konzentrieren sich ausschließlich auf dieses Thema: der Pictet Water Fund und der SAM Sustainable Water Fund. Beide Fonds glänzten in den vergangenen zwölf Monaten mit einer Performance von 18 % bzw. 12 % und schnitten besser als der MSCI World Index ab. Die Fonds erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Das Fondsvolumen des Pictet Wasser-Fonds nahm in den letzten zwölf Monaten um 1 Mrd. C zu und liegt jetzt bei 1,3 Mrd. £.

Im Portfolio des Pictet Water Fund befinden sich vor allem Wasserversorger wie Veolia und Ausrüster wie Pumpenhersteller oder Filterproduzenten. Die im Fonds vertretenen Firmen müssen 20 % ihres Umsatzes mit Wasser machen. Im Wasser-Fonds von SAM sind neben Wassertechnik-Firmen auch Nahrungsmittelkonzerne besonders stark präsent.

Zunehmend werden auch Wasser-Zertifikate angeboten, so das Zertifikat "Europäisches Wasser" von der UBS oder "Wassertechnik Aktive" von der WestLB. Bei der ABN Amro ist das Zertifikat "Wasser Open End" gar nach eigenen Angaben eines der meistgehandelten Produkte.

Das jüngste Produkt wurde von der französischen Societe Generale kreiert: das World-Water-Index-Zertifikat. Es bietet den Anlegern "die Möglichkeit, von der Entwicklung der weltweit größten Unternehmen aus den Bereichen Wasserversorgung, Wasserinfrastruktur und Wasserreinigung zu profitieren", erklärt Frank Burkhardt von der Soci6td G6nerale.

Wer das Risiko nicht scheut, kann auch direkt in einzelne Wasser-Aktien investieren. Die Kurse der beiden führenden Wasserversorger der Welt, die französische Veolia Environnement und Suez Lyonnaise des Eaux (Ondeo) sind zuletzt gut gelaufen. Der Kurs von Veolia kletterte in den vergangenen zwölf Monaten um 75 %. Die derzeitige Fusionsfantasie könnte für weiteren Auftrieb sorgen. Der bisher einzige große deutsche Globalplayer im Wassergeschäft, RWE, will seine Wassersparte verkaufen. Das könnte 13 Mrd. £ bis 17 Mrd. £ in die Kassen von RWE spülen.

Neben Wasserversorgern sind auch Ausrüster ein attraktives Investment. Der finnische Kunststoffrohr Hersteller Uponor, die japanische Wassereinigungsfirma Kurita Water Industries sowie die schweizerische Geberit haben zuletzt kräftige Kurssprünge erlebt. Unter den deutschen Wasser-Aktien sticht der Pumpenhersteller KSB hervor. Seit Mai hat die Aktie über 60 % zugelegt.

Besser die Finger sollte man dagegen von der Aqua Society lassen. Die Firma aus dem westfälischen Herten gewinnt Wasser aus Luft. Doch bisher macht das Unternehmen kaum Umsätze und schreibt rote Zahlen. In der Elfenbeinküste musste ein Drei-Millionen Auftrag aus politischen Gründen auf Eis gelegt werden. Lediglich in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat das Unternehmen Anlagen errichtet. Die Aktie ist seit Juli vergangenen Jahres von 3 C auf unter 1 C abgestürzt.

NOTKER BLECHNER www.sg-wowax.de

 

Wasseraktien. Versorgerbranche konsolidiert -Wasseraufbereitung und -reinigung haben Konjunktur
GE baut auf Wasser
VDI nachrichten, Vancouver, 24 3. 06, mav -

Die Übernahme des kanadischen Pioniers für Wasserfilterung, Zenon, durch General Electric macht selbst außerhalb der Branche Schlagzeilen. Sie ist der vorläufige Höhepunkt fortlaufender Konsolidierung in einer Milliarden-Industrie, die von wenigen großen Versorgern wie GE, Siemens, ITT und 3M angetrieben wird.

Die weltweite Nachfrage nach Anlagen zur Reinigung von Wasser steigt seit 2002 jährlich um 6,6 % und soll Ende des kommenden Jahres ein Volumen von 35 Mrd. $ erreichen. Die Unesco sagt vorher, dass bis zum Jahr 2025 die globale Nachfrage nach sauberem Wasser in der Landwirtschaft um 20 % steigen wird, in privaten Haushalten um 80 % und in der Industrie um 50 %. Für die Herstellung eines acht Inch kleinen Halbleiters verbraucht die Chipindustrie 11 300 l Wasser.

GE zahlt mit 655 Mio. $ viel Geld, um seine Position in dem Zukunftsmarkt auszubauen. "Hut ab vor Zenon, dass sie einen so hohen Preis ausgehandelt haben", sagt Sara Elford, Versorger-Expertin beim Vermögensverwalter Canaccord Capital in Vancouver. Doch die meisten Experten halten den stattlichen Preis für gerechtfertigt, nicht nur wegen der rasanten Expansion industrieller und. städtischer Wasseraufbereitung. Sie preisen auch das günstige Timing der Übernahme und die Spezialität von Zenon, das mit 1500 Beschäftigten technisch führende Membranen für die Filterung von Wasser in Industrie und Landwirtschaft produziert.

Zenon kämpft nach der Umstellung seiner Fertigung seit Monaten mit Problemen. Nach Gewinnwarnungen und einem Umsatzwachstum von lediglich 2 % im vergangenen Jahr brach der Börsenkurs um 47 % ein. Damit war das letzte unabhängige Unternehmen der Branche in Kanada ein Schnäppchen für GE. Der dem Börsenwert nach zweitgrößte Konzern der Welt "bietet Zenon eine globale Plattform, die mehr Wachstum erlaubt", sagt Elford.

Zenon passt auch von der Ausrichtung her gut insjede Portfolio von GE. Die Kanadier verdienen 80 % ihres Umsatzes - 180 Mio. E im Vorjahr - mit Städten undGemeinden. GE hat hier noch Aufholbedarf. "Strengere Regulierungen zwingen Städte und Gemeinden rund um die Welt, immer höherwertige Technik einzusetzen", sagt Troy Kirkpatrick, Sprecher im Geschäftsbereich Wasser und Prozesstechnologien bei GE. Der Konzern stieg erst 2003 durch eine Serie von Übernahmen in die Wasseraufbereitung ein, baute den Geschäftsbereich aber zügig auf zuletzt 2,1 Mrd. $ Jahresumsatz aus.

Die Übernahme von Zenon wird das Wassergeschäft von GE um ein Viertel auf 2,5 Mrd. $ erweitern. Mit dem Erwerb des Entsalzungsspezialisten lonics in den USA für 1, 1 Mrd. $ hat GE im vorigen Jahr bereits sein Standbein im Markt für Industriekunden ausgebaut. Der US-Konzern plant im Rahmen seiner milliardenschweren Kampagne unter dem Motto "ecomagination", die F&E-Aufwendungen für saubere Technologien und die Verkaufserlöse darauf basierender Produkte bis 2010 zu verdoppeln.

Der Markt für die Reinigung von Abwasser und die Aufbereitung von Trinkwasser hat glänzende Perspektiven. Laut Weltgesundheitsorganisation haben eine Milliarde Menschen noch keinen Zugang zu sauberem Wasser. Jedes Jahr sterben 1,6 Mio. Menschen, weil sie verschmutztes Wasser getrunken haben. Bis in 20 Jahren sollen 48 Länder mit 2,8 Mrd. Einwohnern unter extremer Wasserknappheit leiden.

Die Vereinten Nationen haben weltweit 300 Konfliktzonen identifiziert, in denen bewaffnete Auseinandersetzungen um Wasser vorstellbar sind. Vor allem Indien, China, Israel, westliche Teile der USA, der Nahe Osten und Länder in Südostasien wie Singapur müssen zunehmend Wasser importieren.

In Westeuropa und den USA sind es vor allem strengere Umweltvorschriften und Ersatzinvestitionen in die Infrastruktur, die den Bedarf an Pumpen, Maschinen, Membranen, chemischer Reinigung und Hightech-Filtern erhöhen. Dem Congressional Budget Office zufolge werden in den USA bis 2025 rund 80 Mrd. $ für die Erneuerung der Wasserinfrastruktur ausgegeben.

In Europa, wo in jüngster Zeit Dürren in Spanien, Portugal, Italien, Frankreich und Griechenland die Versorgung mit Wasser erschwerten, hat der Industriemarkt für Recycling und Aufbereitungsanlagen im Zeitraum von 2002 bis 2005 einen Gesamtumsatz von 279 Mio. $ erreicht. Bei dem erwarteten Wachstum von jährlich knapp 7 % könnte er bis 2014 auf 531 Mio. $ expandieren.

Im Raum Asien/Pazifik kämpfen vor allem Indien und China aufgrund boomender Volkswirtschaften und wachsender Bevölkerungen zunehmend mit einem Mangel an sauberem Wasser. "Ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in wasserarmen Gegenden, und in 20 Jahren wird das bei heutigen Trends jeder zweite Mensch sein", sagt Troy Kirkpatrick. MARKUS GÄRTNER

"In 20 Jahren lebt

jeder zweite

Mensch in einer

wasserarmen

Region"

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