Straubinger, 21.04.2006
"Bündnis für Erziehung"
mit den großen Kirchen

Leyen will den Kindern mehr Werte vermitteln - Breiter Protest gegen "Ausgrenzung" anderer gesellschaftlicher Partner - Familienministerin beharrt auf "Vätermonaten"

Berlin. (AP/dpa). Die Bundesregierung hat am Donnerstag mit den Kirchen ein "Bündnis für Erziehung" geschlossen. Familienministerin Ursula von der Leyen will gemeinsam mit der katholischen und der evangelischen Kirche Kindern schon von klein auf Werte vermitteln und auch den Eltern Orientierung und Unterstützung bieten. Gewerkschaft, Verbände und Oppositionspolitiker warfen der CDU-Politikerin deswegen allerdings vor, sie habe ein "Signal der Ausgrenzung" gegeben.

Bei der Vorstellung des Bündnisses gemeinsam mit der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann und dem Berliner Erzbischof Kardinal Georg-Sterzinsky verteidigte die Ministerin ihr Vorgehen. Das Bündnis mit den Kirchen sei erst der Anfang. Andere Religionsgemeinschaften sowie Verbände und möglichst auch die Wirtschaft seien eingeladen, sich im Herbst anzuschließen. "Die Tür ist weit offen", betonte von der Leyen. Aber immerhin stellten die beiden großen christlichen Kirchen über 74 Prozent der Kindergartenplätze in freier Trägerschaft.

Es gelte, Kindern schon früh Regeln und Grundsätze wie Respekt, Verlässlichkeit, Vertrauen und Aufrichtigkeit nahe zu bringen. "Aber Werte wachsen nicht von selber", mahnte die Ministerin.

Die Kirche könne dazu Beispiele aus ihrer Praxis beitragen, erklärte Sterzinsky. Wie er wies auch Käßmann darauf hin, dass die ersten Lebensjahre eines Menschen entscheidend seien für die Formung seiner Weltsicht. Sie sei überzeugt, dass die Basis der Zehn Gebote durchaus eine gute Grundlage für Wertevermittlung sein könne, so die Bischöfin.

Norbert Hocke, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), kritisierte: "Ursula von der Leyens diplomatisches Ungeschick hat einer guten Idee einen kapitalen Fehlstart beschert." Deutschland sei kein Gottes-, sondern ein säkularer Staat, dessen Wertesysteme auf den universellen Menschenrechten aufgebaut seien. Der Verband, Bildung und Erziehung nannte das Bündnis einen "unausgegorenen Schnellschuss".

Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wilhelm Schmidt (SPD), meinte, bei einem Bündnis gehörten alle an einen Tisch, die kompetent zum Thema etwas beizutragen hätten. "Man muss es düpierend nennen, wenn bei einem Bündnisgipfel zum Thema Erziehung engagierte gesellschaftliche Partner, Lehrer, Familienverbände, Erzieherinnen, Pädagogen und Vertreter der Wissenschaft draußen vor der Tür' bleiben", meinte Schmidt.

Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ina Lenke, kritisierte: "Es ist intolerant und gefährlich, in einem Staat, in dem viele Andersgläubige leben, mit der Brechstange das Christentum zum Leitwert aller Eltern und an der Erziehung beteiligten zu erheben. "

Unterdessen hält Familienministerin von der Leyen an ihrem Vorschlag für "Vätermonate"

beim geplanten Elterngeld fest. Umfragen bei jungen Männern und die Erfahrungen im Ausland bestätigten die Ansicht, dass damit der Kinderwunsch gestärkt werde, sagte von der Leyen am Donnerstag in Berlin. Sie will bis Ende April einen mit den zuständigen Gremien abgestimmten ersten Gesetzesvorschlag vorlegen.

Laut Vertrag soll das auf ein Jahr angelegte Elterngeld als staatliche Lohnersatzleistung nur dann zwölf Monate gezahlt werden, wenn während zwei davon der Partner - in der Regel der Vater - im Beruf pausiert. Gegen diese "staatliche Bevormundung" gibt es in der Union massiven Widerstand.

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