Straubinger, 26.April 2006
Verfahrenstechnologen statt Müllermeister?

Berlin. (dpa) Die gelernten Müllermeister Michael Glos (Wirtschaftsminister, CSU) und Peter Ramsauer (CSU-Landesgruppenchef) erregen sich über einen Antrag, der nach ihrer Auffassung den Bürokratieabbau ins Gegenteil verkehrt. Der Verband deutscher Mühlen will mit einem Antrag an das Bildungsministerium erreichen, dass aus der alten Berufsbezeichnung "Müller" künftig ein "Verfahrenstechnologe in der Mühlen und Futtermittelwirtschaft vormals Müller" wird. "Ein absurder Vorschlag", sagte Ramsauer. Er und Glos wollen sich dafür einsetzen, dass sie sich auch künftig als "Müllermeister" bezeichnen dürfen".

 

ES FEHLT DERAUFSCHWUNG
VON KAI ALTENHOF

Da haben Beamte im Hause Schavan einen über 500 Seiten langen Berufsbildungsbericht geschrieben. Doch die wichtigste Ursache für den Lehrstellenmangel hat ihre Chefin gestern bei der Vorstellung des Berichts in einem Satz dargelegt: Es ist die enge Verbindung zwischen dem Arbeitsmarkt und dem Ausbildungsmarkt. DieMinisterin wurde noch konkreter: Unternehmen, die überlegen müssen, wie sie in den nächsten Jahren zurechtkommen, stellen nicht mehr Lehrlinge ein. Und die anderen, die besser dastehen, haben in der Regel ihr Ausbildungsversprechen eingehalten.

Die Rede ist nicht nur von den großen Unternehmen in den boomenden Branchen wie zum Beispiel im High-Tech-Bereich oder der Automobilindustrie, sondern auch von den gut gehenden Betrieben des Mittelstandes. Schavan sagt: Wir haben Firmen, die sich trotz schwieriger Lage engagiert haben. Keine Frage: Es gibt auch viele Firmen, die ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind. Doch die wichtigste Ursache für den Rückgang an Lehrstellen ist die Wirtschaftslage.

Auch mit Blick auf den Ausbildungspakt ist Schavan pragmatisch. Er sei ein wichtiges Signal, könne aber die strukturellen Probleme nicht lösen. Zumal die Gewerkschaften beim Pakt fehlen. Doch warum soll das, was mit ver.di und Deutscher Post auf lokaler Ebene klappt, nicht auch bundesweit funktionieren? Bei der Verlängerung des Paktes 2007 wäre die Gelegenheit, ihn zu erweitern. Und wenn Schavan mit ihrem Plan, die Ausbildung generell zu modernisieren, weiterkommt, sieht die Lage vielleicht bald schon besser aus.

 

29.April 2006
Bei Hartz-IV-Umzug muss Behörde Makler zahlen

(dpa) Wenn ein Empfänger des Arbeitslosengeldes II aus seiner zu teuren Wohnung umziehen soll, muss die Agentur die Maklerkosten übernehmen. Das hat das Sozialgericht Frankfurt in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil (Az.: 48 AS 123/06) entschieden.

Geklagt hatte ein Mann aus Bad Vilbel bei Frankfurt, dessen 52-Quadratmeter-Wohnung der Behörde bei einer Miete von 409 Euro unangemessen teuer erschien. Die Agentur verbot ihm ausdrücklich, sich an einen Makler zu wenden und strich ihm den Mietzuschuss zusammen, nachdem er keine preiswertere Wohnung gefunden hatte.

Das Vorgehen sei nicht gerechtfertigt, befanden die Richter und verurteilten die Behörde, die Mietkosten für eine Übergangszeit weiter in voller Höhe zu tragen. Maklergebühren gehörten zu den erstattungsfähigen Kosten einer Wohnungsbeschaffung, entschied das Gericht.

 

26.April 2006
Kabinett legt Regeln für Abitur am achtjährigen Gymnasium fest
Alle Schüler sollen in fünf statt wie bisher in vier Fächern geprüft werden

München. (dpa) Nach zweijährigem harten Ringen mit Lehrern und Eltern hat das bayerische Kabinett am Dienstag die Eckpunkte für das Abitur am achtjährigen Gymnasium (G8) festgeklopft. Demnach müssen die bayerischen Schüler künftig in fünf statt wie bisher in vier Fächern eine Abschlußprüfung ablegen. Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen werden als Kernfächer gestärkt, die Grund- und Leistungskurse abgeschafft. Geschichte bleibt auch in der Oberstufe Pflichtfach. Für die Mittelstufe wurde der Stundenplan leicht entschlackt.

"Das bayerische Abitur macht die Schüler fit für die Anforderungen, die Studium und Beruf an sie stellen", sagte Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) nach der Sitzung in München. Der Philologenverband nahm die Beschlüsse "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" auf. Die Landeselternvereinigung an Gymnasien forderte ein Ende des Schulstreits. "Für uns ist mit dem heutigen Tag Schluß mit dem Kampf um das G8", sagte der Vorsitzende Thomas Lillig.

Das achtjährige Gymnasium war im Herbst 2004 eingeführt worden. Nachdem viele Eltern über die Belastung ihrer Kinder durch die um ein Jahr verkürzte Schulzeit klagten, sollen jetzt die Stundentafeln für die Mittelstufe gekürzt werden. In der achten Klasse gibt es eine Stunde weniger. In der neunten und zehnten Klasse sind die beiden Intensivierungsstunden nicht mehr verpflichtend. Kinder, die keinen Förderbedarf haben, können darauf verzichten - sie haben dann 34 statt wie bisher geplant 36 Schulstunden in der Woche. In der Oberstufe wird das System der Grund- und Leistungskurse durch Pflicht- und Wahlpflichtfächer ersetzt, die Schüler lernen wieder in einem festen Klassenverband. Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache müssen mit vier Stunden pro Woche belegt werden. Mit vier Wochenstunden können die Schüler je nach Interesse Schwerpunkte setzen. Geschichte wird mit Sozialkunde gekoppelt und in der 10. Klasse mit zwei, in der 11. und 12. Klasse mit drei Wochenstunden unterrichtet. "Wir sichern so den Stellenwert von Geschichte und stärken die politische Bildung", sagte Schneider. Neu sind zwei Seminare, die das wissenschaftliche Arbeiten lehren sollen. Die neue Oberstufe wird mit dem ersten G8-Jahrgang im Schuljahr 2009/10 eingeführt. Bis dahin soll es einen Schulversuch zur Entwicklung von Seminarmodellen geben. Der Philologenverband lobte besonders diese Neuerung, warnte aber vor Abstrichen in den Naturwissenschaften, "Der großen Bedeutung dieser Fächer für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes wird mit der jetzigen Festlegung nicht angemessen Rechnung getragen", sagte Verbandschef Max Schmidt.

Unterdessen begann die dritte Runde des PISA-Schulvergleichs, an dem mehr als 6 000 bayerische Schüler teilnehmen. Der Test lief am Dienstag an und kann innerhalb der nächsten vier Wochen absolviert werden. Wie das Kultusministerium mitteilte, beteiligen sich 32 bayerische Schulen am internationalen Vergleich und 99 am Vergleich der Bundesländer. Die Testergebnisse sollen Ende 2007 beziehungsweise im Sommer 2008 vorliegen.

Süddeutsche, Freitag, 28. April 2006
Diskussion um Oberstufenreform
Universitäten bangen um Standort Bayern
Naturwissenschaften kommen in Schulen zu kurz
Von Christine Burtscheidt

Die geplante Reform der gymnasialen Oberstufe stößt auf heftigen Widerstand der Hochschulen. Kritisiert wird der geringe Stellenwert der Naturwissenschaften. In der neuen Stundentafel des achtjährigen Gymnasiums sind sie nur mehr als Wahlfächer vertreten. Universitätsleitungen und der Philologenverband befürchten eine Zunahme des Fachkräftemangels und fordern zu Korrekturen auf: Für den High-Tech-Standort Bayern sei das ein falsches Signal, heißt es.

Einen Tag nach der Verabschiedung der Oberstufenreform lobte die CSU Fraktion das beschlossene Konzept: Der Freistaat werde damit die bayerische Erfolgsgeschichte des Abiturs weiterschreiben. Daran zweifelt man jedoch zur Zeit an den Hochschulen. Professoren prognostizieren dem Land vielmehr einen weiteren Rückgang an naturwissenschaftlichen und technischen Absolventen sowie einen dramatischen Verlust an Fachkenntnissen. "Künftige Abiturienten werden nicht mehr in der Lage sein, die Technik eines Kühlschranks oder Motors zu verstehen", sagt der Würzburger Uni Präsident Axel Haase. Der Grund ist: Chemie, Physik, Biologie und Informatik sollen nach den Plänen der Staatsregierung nur mehr in der Mittelstufe am Gymnasium Pflicht sein. In der Oberstufe, in der bislang zwei naturwissenschaftliche Fächer belegt werden mussten, soll von 2009 an Wahlfreiheit gelten: Schüler dürfen sich eines aussuchen. Auch wird der Stoff nicht im Abitur geprüft.

An den Hochschulen hält man die neue Stundentafel für die Oberstufe, die 2009 in Kraft treten soll, für eine "katastrophale Entscheidung". Denn dort fehlen gerade in den Naturwissenschaften die Nachwuchskräfte. An der Universität Würzburg nehmen jährlich etwa 650 Studenten in Chemie, Physik und Biologie ein Studium auf. Die Hälfte schafft es bis zum Abschluss. Aus Sicht des Uni-Präsidenten Axel Haase sind das viel zu wenig. "Wir könnten doppelt so viele brauchen. " Auf dem Markt würden händeringend Natur- und Ingenieurwissenschaftler gesucht. Der Rektor der Erlanger Universität, Karl-Dieter Grüske, befürchtete für den Standort Bayern sogar einen nachhaltigen Schaden, wenn die Naturwissenschaften am Gymnasium weiter an Stellenwert verlieren würden. Dann könne man mit Ländern wie China gar nicht mehr mithalten. Skeptisch reagiert auch der Münchner TU-Präsident Wolfgang Hermann auf den jüngsten Kabinettsbeschluss. "Dadurch wird der Mangel an international gesuchten Fachleute nochmals verstärkt", sagt er. Warnungen gab es dabei zu Genüge. Bereits 2000 hatte sich Herrmann mit dem damaligen Vorsitzenden der Akademie der bayerischen Wissenschaften, Heinrich Nöth, dem Nobelpreisträger Ernst Otto Fischer und einigen Unternehmern mit der Bitte an die Staatsregierung gewandt, die Naturwissenschaften am Gymnasium doch zu stärken. So forderten sie in einem Memorandum, dass in jedem gymnasialen Zweig "mindestens zwei Naturwissenschaften bis zum Abitur verpflichtend" eingeführt werden müssten. Andere, wie der Würzburger Uni-Chef Axel Haase, wünschten sich wenigstens eine Naturwissenschaft als Prüfungsfach im Abitur. Doch nun ist das Gegenteil geschehen: Physik, Chemie, Biologie und Informatik verlieren an Bedeutung. "Das ist eine Katastrophe", kritisierte bereits nach der Ministerratssitzung am Dienstag der Vorsitzende des bayerischen Philologenverbands, Max Schmidt. Statt einer Wahlfreiheit der Schüler in der neuen Oberstufe forderte er eine Belegungspflicht in den Naturwissenschaften. Bei der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, die mit der Landeselternvereinigung an der Oberstufenreform mitgewirkt hat, kann man die Aufregung nicht verstehen. Zwar bestätigt Bildungsexperte Christof Prechtl den Fachkräftemangel in den Naturwissenschaften. Doch glaubt er, das sich dieser eher beheben ließe, wurden die Hochschulen die hohen Abbrecherquoten von bis zu 50 Prozent in den Fächern senken. Von einer Belegungspflicht in der elften und zwölften Jahrgangssstufe hält er jedenfalls wenig: "Das bringt uns nicht mehr Ingenieure." Verbandschef Schmidt hält dennoch an seiner Forderung fest. Denn aus Erfahrung weiß er: Freiwillig wählt kein Schüler Chemie oder Physik. Die Fächer rangierten schon als Leistungskurse ganz hinten auf der Beliebtheitsskala.

OBERSTUFE

Am Dienstag hat der Ministerrat einen Entwurf zur neuen Oberstufe am achtjährigen Gymnasium beschlossen. Stimmt der Landtag der Reform zu, wird die bisherige Kollegstufe 2009 abgeschafft. Bayerns Schüler müssen dann in fünf Fächern Abiturprüfungen schreiben. Wahlfreiheit gibt es für sie nur noch in wenigen Fächern wie den Naturwissenschaften.

 

Straubinger, 27. April 2006
Landkreis Cham will Gymnasiasten wieder zurück
Technik und Naturwissenschaft: Chancen in der Region

Cham. (paa) Kurz vor ihrem Start ins Studentenleben will der Aktionskreis Lebens- und Wirtschaftsraum Landkreis Cham Gymnasiasten und Fachoberschülern zeigen, daß sich für sie auch nach dem Studium lukrative Berufschancen bei Unternehmen in der heimatlichen Region auf tun. Bei einer Informationsveranstaltung mit rund 20 Referenten unter anderem aus der Fachhochschule Deggendorf und ehemaligen Chamer Abiturienten haben die Organisatoren vor allem versucht, künftigen rund 270 Studienabgängern der 11. und 12. Klassen am Joseph-von Fraunhofer-Gymnasium Naturwissenschaften und Ingenieurwesen ans Herz zu legen.

Schulleiter Rudolf Reinhardt betonte vor seiner versammelten Oberstufe in der Sporthalle den Charakter der Veranstaltung als "rechtzeitige Orientierung für den späteren beruflichen Werdegang". Es gebe ein breites Spektrum an Berufsgruppen im Landkreis Cham und viele Möglichkeiten, bei einheimischen Firmen nach einem Studium oder auch ohne Studium beruflich Fuß zu fassen.

Marianne Weiß von der Agentur für Arbeit in Cham schickte ihrem Vortrag gleich eines voraus: "Oft brauchen die Schüler sehr lange, bis sie wissen, wo es beruflich lang gehen soll." Einige Möglichkeiten packte sie in ihren rekordverdächtig kurzen Vortrag. So etwa eine klassische Lehre, die Berufsfachschule, den mittleren Dienst oder die duale Ausbildung bei Unternehmen in Verbindung mit einem Studium. "Wer sich für Wirtschaft, Betriebswirtschaftslehre, Informatik, Technik und Ingenieurwesen interessiert, hat - sofern er eine Stelle bekommt - bei uns recht gute Möglichkeiten, beruflich weiter zu kommen." Kurz ging sie darauf ein, daß Bachelor und Master-Studiengänge allmählich tradierte Abschlüsse wie das Diplom ablösten.

Anschließend erfuhren die Schüler von Berufstätigen Informationen über Berufsbilder wie Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Medizin, Journalismus, Psychologie, Mediendesign, Geodäsie-Vermessungswesen, Pharmazie, Bundeswehr, Polizei und Physik/Verfahrenstechnik.

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